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Babscha

Posted on 2.3.2020

Eva Gruber heißt die unheilvolle Protagonistin dieser Geschichte. Eine junge Frau in ihren Zwanzigern, die postwendend in eine psychiatrische Klinik in Wien verfrachtet wird, nachdem sie herum erzählt hat, sie habe eine ganze Kindergartengruppe erschossen. Diese Szenerie bildet den Auftakt des Buches, in dem uns die Akteurin selbst äußerst lebhaft, in direkter, teils brachialer Sprache und mit der scharfen Beobachtungsgabe der Intelligenz aus dem Innenleben eines „Irrenhauses“ berichtet. Wir lernen Dr. Korb kennen, den sie behandelnden, leicht eigenartig agierenden Psychiater, und, etwas überraschend, ihren ebenfalls dort wegen Depressionen und Essstörungen stationär aufgenommenen jüngeren Bruder Bernhard, dem sie in einer eigenartigen Hassliebe verbunden scheint. Die Zeit vergeht, man wird so langsam vertraut mit den Personen, und nachdem man sich schon mehrfach gefragt hat, wohin das Ganze wohl führen wird, geraten die Dinge dann endlich auch in äußerst ungute Bewegung. Der Autorin ist mit ihrem Debütroman ein aus meiner Sicht überzeugender, ziemlich großer Wurf gelungen. Die Figur der Eva Gruber ist extrem vielschichtig und deutungsfähig angelegt, schon nach wenigen Kapiteln weiß man in ihrem launigen, respektlosen Bericht aus Klinikalltag mit vieldeutigen Rückblenden in ihre komplizierte, ziemlich elende Familiensituation als Leser absolut nicht mehr zu unterscheiden zwischen Realität und psychotischen Wahngebilden einer offensichtlich schwer gestörten Persönlichkeit und gerät damit lesend ähnlich ins Schlingern wie sie selbst. Sie kennt keinerlei Tabus, setzt in zunächst skurrilen, slapstickartigen Episoden ihrem Doc und dem Klinikpersonal gleichermaßen zu und entpuppt sich erst nach und nach als eine hochaggressive, jederzeit zündbereite, unberechenbare Handgranate ohne jegliche empathische Ansatzpunkte für den Leser. Damit findet der anfängliche Spaß dann auch ein jähes Ende und man begreift so langsam, was Sache ist, wenn sie ihren labilen, schwachen Bruder wiederholt auffordert, dass sie jetzt „endlich den Vater umbringen müssten“. Irgendwann wird das Ganze so kompliziert, undurchsichtig, mit so vielen von der Autorin bewusst geknüpften, sich teils widersprechenden Enden versehen, dass man als Leser notgedrungen einfach aufhört, mitzudenken und logisch zu analysieren, sondern sich einfach nur noch atemlos dem bedrückenden Fortgang der Dinge ergibt, die bis zum Ende hin dann auch nur teilweise aufklaren. Ein sehr spezielles, überraschend gut geschriebenes und damit unbedingt lesenswertes Buch abseits des Standards. Mit open ends muss man dabei allerdings umgehen können. Chapeau!

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