Babscha
Nina, Samuel und Samir studieren zusammen im Paris der 80er Jahre, ein verschworenes Trio, die Köpfe voller liberaler Flausen und Hirngespinste. Als Samir Samuel mit Nina betrügt, kommt es zum großen Bruch, Samir geht nach New York, verändert radikal seine muslimische Identität und macht dort als Anwalt groß Karriere, während die beiden anderen zusammenbleiben und, er als erfolgloser Schriftsteller, sie als Model, sich mehr schlecht als recht durchs Leben schlagen. Als sie 20 Jahre später Samir zufällig auf CNN in einem Interview sehen, geraten die Dinge in Bewegung. Mit neu auflodernden Rachegelüsten zwingt Samuel Nina, Kontakt zu ihrem damaligen Seitensprung aufzunehmen und ihn nach Paris zu locken. Tuil hat einen opulenten, ausschweifenden Roman geschrieben, in dem sich alles um die ganz großen Gefühle, um unzähmbare Triebe, tief verankerte menschliche Charakter- und sonstige Schwächen, Schuld und Sühne und die Macht des Schicksals dreht, das jeden irgendwann einholt. Eine geradezu schwülstige, aufgeblähte Sprache im Stil der Trivialliteratur korreliert dabei interessanterweise permanent mit einem messerscharfen, modernen Jargon der Straße, was sehr reizvoll ist und beweist, dass die Autorin auch anders kann. Stück für Stück zerlegt sie dabei, mal mehr, mal weniger glaubhaft, ihre Protagonisten, wobei Männer und Frauen gleichermaßen schlecht weg kommen und Tuils insgesamt destruktive, ziemlich hoffnungslose Sichtweise zum menschlichen Wesen immer wieder glasklar durchbricht. Leider dreht sich in dieser großangelegten ménage à trois gerade hinsichtlich der gehirnbefreiten Emotionslagen und physischen Ausnahmezustände der Beteiligten so einiges immer wieder leicht im Kreis, was dann etwas ermüdend und Langeweile generierend wirkt und Lesefluss wie -freude doch beeinträchtigt. Viel hilft eben nicht immer viel. Gelungen aber die als Handlungsrahmen mit der Story parallel laufende Konfrontation zwischen den jüdischen und muslimischen Kulturen, insbesondere in amerikanischen Zeiten nach 9/11. Insgesamt ein nicht uninteressantes Buch, eigentlich so gar nicht mein Metier, aber als Zeitüberbrückung im Flieger und zur Entspannung am Hotelpool zur Sommerzeit einfach mal ganz was anderes.