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Babscha

Posted on 1.3.2020

Boyle schreibt seine fiktive Geschichte mitten hinein in das turbulente Leben von Timothy Leary, dem exzentrischen amerikanischen Psychologen, Guru und Autor, der in den 60/70ern weltbekannt wurde aufgrund seines vehementen Einsatzes für die konsequente Freigabe psychedelischer Drogen zwecks Bewusstseinserweiterung und Öffnung/Umformung des Geistes auf höhere mentale Ebenen. Richtig bekannt wurde er als Professor in Harvard, wo er seinen kruden Thesen unter dem Schutzschild „medizinische Forschung“ in einem „inneren Zirkel“ von Vertrauten praktische Experimente vor allem mit LSD folgen ließ mit der Folge des Rausschmisses an seiner Uni und seinem temporären Umzug nach Mexico. Dieser Zeitabschnitt wird im vorliegenden Buch eingefangen. Hauptpersonen sind Fitz, ein später Doktorand bei Leary in Harvard, glücklos, schwach, manipulierbar, dann seine Frau Joanie, von ähnlich beschränkter Bodenständigkeit und Naivität und deren 13jähriger Sohn Corey. Als Leary Testpersonen für die Drogenexperimente in seinem inneren Kreis sucht und diesen sogar das Zusammenleben in einer Art Kommune unter der Prämisse der völligen Abkehr von gesellschaftlichen Normen incl. völliger sexueller Befreiung anbietet, laufen sie mit fliegenden Fahnen zu dieser Lichtgestalt über. Die Geschichte und die Stationen des damaligen Drogengurus sind interessant geschrieben und die eigenen Ausschmückungen des Autors passgenau eingebettet. Der Erzählfluss des Buches ist allerdings eher bedächtig und plätschert vor sich hin, seine Sprache ist einigermaßen dröge ohne Höhen und Tiefen. Gelungen sind die Charakterzeichnungen und die immer mehr eskalierende Beziehung von Fitz und Joanie, ebenso, wie sich eine Gruppe von Menschen, die, ausgestattet mit allen denkbaren Freiheiten und unter dem Deckmantel des Drogenrausches alle Obsessionen auf engstem Raum zusammen auslebend, dynamisch entwickelt. Und mit open-ends ist es ja sowieso immer so eine Sache. Mein Erstkontakt mit Boyle. Nach Lektüre dieses Buches bin ich nicht sicher, ob ich noch Weiteres von diesem einigermaßen hochgelobten „Kultautor“ lesen möchte.

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