BookNerd
„Mich von meinen Instinkten führen zu lassen, war das Letzte, was ich wollte. Die Monster ließen sich von ihrer animalischen Seite treiben, da wollte zumindest ich bei Verstand bleiben.“ (S.15) Die Stadt Praha steht allein, umzingelt von einem Wald, in dem das Böse lebt. Kayla ist eine Bändigerin und damit ist es ihre Aufgabe, die Stadt vor den Ungeheuern zu schützen, die außerhalb der Mauern lauern. Als es ihr gelingt ihr Monster, einen Schattenwolf, zu zähmen und ihre Zuneigung zu ihm immer weiter wächst, geschieht das unglaubliche: Der Wolf verwandelt sich in einen Mann. Was ist er nun? Ein Monster im Menschen oder ein Mensch als Monster? Es bleibt nicht viel Zeit es herauszufinden, denn in den Wäldern ist eine neue Bedrohung aufgetaucht. „Herz aus Schatten“ ist ein weiteres Buch aus der Feder von Laura Kneidl, deren Bücher alle in meinem Regal oder Kindle zu finden sind. Ich bin ein großer Fan dieser Autorin, war aber ein bisschen nervös, weil mir Water&Air damals nicht so gut gefallen hat wie ihre anderen Sachen. Das Gefühl hat sich aber nach den ersten Seiten total gelegt, ich habe „Herz aus Schatten“ verschlungen und zwar so wirklich, ich hab es einfach an einem Tag durchgesuchtet. Die Geschichte wird aus Sicht der weiblichen Hauptperson, Kayla, erzählt, mit ganz seltenen Einschüben aus Lileks Sicht. Direkt im ersten Kapitel lernt man viel über Kayla, die gerade ihr Erbe als Tochter der berühmtesten Bändiger-Familie antreten soll. Ein Bändiger zu sein bedeutet in diesem Fall, sich mit einem der Monster, die die Menschheit bedrohen zu verbinden und es gegen die „wilden“ Monster kämpfen zu lassen. Kayla will das aber gar nicht. Sie zweifelt an dem System und auch an sich selber, denn vor sieben Jahren starb jemand, den man als talentiert erachtete, weil er die Kontrolle über sein Monster verlor. Immer wieder muss Kayla daran denken und ihr Widerstand wird stärker. Sie hat sich alle Mühe gegeben von der Akademie verwiesen zu werden, doch ihr Vater hat das verhindert, denn als Anführer der Bändiger hat er mehr als genug Macht. „Die Hoffnung, die in Mareks Worten mitschwang, sollte mich ermutigen. Stattdessen fühlte ich mich wie ein Vogel mit gebrochenen Flügeln – unfähig das zu tun, wofür ich geboren war, sosehr ich es auch versuchte.“ (S.16) Kayla nimmt nach langem Zögern dann doch an der Zeremonie teil, und ihr Monster erscheint: ein Schattenwolf, eines der mächtigsten Monster, die es gibt. Kayla lernt jetzt, ihr Monster zu kontrollieren, es zu füttern und zu pflegen und ihre Zuneigung zu dem Wolf wächst mit jedem Tag, bis sie ihm schließlich einen Namen gibt: Lilek. Das ist eigentlich verboten, die Bändiger sollen sich nicht mit ihren Monstern anfreunden, denn sie sind, was sie sind, Monster. Aber Lilek benimmt sich gar nicht so. Klar, da ist diese Dunkelheit, die Kayla über die Verbindung spürt, aber Lilek beweist mehrfach, dass ihm etwas an Kayla liegt. Und als er sich dann plötzlich in einen jungen Mann verwandelt, steht Kaylas Welt völlig Kopf. „Es brauchte ein Monster, um ein Monster zu töten.“ (S.35) Die ganze Geschichte ist mit einer wunderschönen Spannung geschrieben, ohne, dass es hektisch wird. Es gibt Probleme, aber kein endloses Drama, Sorgen, aber kein Gejammer, Misstrauen, aber keine Paranoia. Der Erzählstil ist wunderbar flüssig, mit einer Prise Humor und einfach ganz viel Herz. Ich konnte mir alles super gut vorstellen und hab mich in der Welt wirklich wohl gefühlt. Allerdings hätten mich keine zehn Schattenwölfe in diesen Wald gekriegt, denn die Monster fand ich einfach super gruselig! „Es war wie mit den Menschen, denen wir in unserem Leben begegneten. Manche von ihnen waren dazu bestimmt, für immer zu bleiben, andere sollten nur flüchtige Bekanntschaften sein.“ (S.21) Die Charaktere sind alle sehr liebevoll gestaltet und gut durchdacht. Teilweise war ich wirklich mega überrascht von den Wendungen. Malek mochte ich am liebsten! Neben Kaylas Problemen mit den Bändigern, gibt es auch noch eine politische Thematik. Die Bändiger haben einige Privilegien auf Kosten des einfachen Volkes und dagegen lehnt sich schließlich eine Bewegung auf, die sich die Wilde Jagd nennen. Ihre Mitglieder plädieren dafür, ebenfalls Monster töten zu können und stellen damit die Autorität und Einzigartigkeit der Bändiger in Frage. Dann gibt es natürlich noch eine Liebesgeschichte und aufgrund des Titels und der Erfahrungen nach „Berühre mich. Nicht.“ hätte ich hier jede Menge rosa und Herzchen erwartet, aber das war gar nicht so. Die Liebesgeschichte war sanft und ehrlich und nachvollziehbar und hat das Geschehen überhaupt nicht romantisiert oder kitschig gemacht. Ich mochte das richtig gern und ich mag Lilek einfach total. Kein unnahbarer Badboy, kein SixPackGuy ohne Gehirn, nichts davon. Es hat wirklich Spaß gemacht, diese Geschichte zu lesen und ich war fast schon traurig, als es vorbei war. Aber es ist auch ehrlich gesagt mal super schön, einen Einzelband zu lesen! Ich glaube, wir alle sind Monster, den Albträumen des jeweils anderen entsprungen. (S.305) Ich war schon immer ein Fan von Laura Kneidl und jetzt bin ich es noch mehr. Herz aus Schatten ist eine sehr gelungene Fantasygeschichte über Monster, Hoffnung, seinen Weg finden, Liebe, Freundschaft und Familie, die ich wirklich jedem nur empfehlen kann. Fünf fette Bücher von mir!