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Babscha

Posted on 29.2.2020

In diesem stimmungsvollen, sehr persönlichen Lebensrückblick zeichnet der Autor noch einmal die wahrhaft turbulenten Erlebnisse seiner frühen Jugendjahre in den 70ern des letzten Jahrhunderts nach und entführt den Leser in die Welt des von allen nur „Little Norm“ genannten Jungen. Er ist Scheidungskind, schlägt sich die Woche über mehr schlecht als recht bei seiner bürgerlich orientierten Mutter und ihrem Lebensgefährten im kalifornischen Topanga Beach durch. Am Wochenende jedoch öffnet ihm sein völlig unkonventioneller Vater, genannt „Big Norm“, die Türen in völlig andere Welten, nämlich die des Extremskifahrens in den Bergen der westlichen USA und des kunstvollen Wellenreitens an kalifornischen und mexikanischen Stränden. Immer auf Achse also, für den kleinen Burschen emotionale Achterbahn im permanenten Zwiespalt zwischen absoluter Begeisterung und Hingabe an den Sport und Angst vor Überforderung und dem ultimativen Unfall. Bis sich dann im Alter von elf Jahren tatsächlich alles verändert. In dichtem Schneetreiben zerschellt das Kleinflugzeug mit ihm, seinem Vater und dessen Freundin an Bord auf dem Weg zu einem Sportevent an einem Berggipfel. Eine unvorstellbare Ausnahmesituation. Und nur der kleine Norman schafft es aufgrund seiner mentalen wie körperlichen Konditionierung, dieser Katastrophe zu entrinnen und den unglaublichen Abstieg vom Berg zu überleben. Der Aufbau des Buches in ständigem Wechsel zwischen Rückblenden auf sein früheres Leben und die Situation unmittelbar am Berg mit einem finalen erzählerischen Sprung drei Jahrzehnte nach vorn in die heutigen Tage ist gut gemacht. Tragende Säule und Kernthema des Buches ist aber die Schilderung der bewegenden und innigen Beziehung zwischen dem ehrgeizigen Vater, dem Freidenker, der nichts mehr will, als seinen Sohn für seinen Sport zu begeistern, damit dieser genau wie er im Steilhang mit Pulverschnee oder im Herzen einer tube „die ganze Scheiße einfach mal ausblenden kann“, und seinem Sohn, dem sich trotz wiederholter innerlicher Rebellion gegen den permanenten Druck und eine Kindheit abseits von Normalität nach und nach die ganze Schönheit und das Einssein mit der Natur erschließen. Und er erkennt später deutlich auch das eigentliche Ziel seines Vaters, nämlich ihn durch das Ausloten und Austesten von Grenzsituationen innerlich stark und selbstbewusst zu machen, was ihm dann ja auch das Leben rettet und ihn nach vielen Jahren der Verzweiflung zuletzt auch den Tod des Vaters verkraften lässt. Wie Ollestad in dem Buch einerseits teils abgeklärt seinen jahrzehntelangen Selbstfindungsprozess beschreibt, um im nächsten Moment sensibel und intensiv in dialogstarke wie stille Momente des Glücks an der Seite seines Vaters abzutauchen, das ist einfach großartig und lesenswert. Ein außergewöhnliches Leben, eine ehrliche und berührende Lektüre. Volle Punktzahl!

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