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wortberauscht

Posted on 29.2.2020

Rezension verfasst von © Janna (KeJasWortrausch.de) Wie beschreibe ich diese Geschichte, mein Leseerlebnis? Gezielt in ein Genre lässt sich dieser Roman nicht einsortieren und es war erfrischend entfernt vom Mainstream! Lebenskrise, Selbstfindung, Gesellschaftskritik, Reiseabenteuer und Science Fiction sind so ganz im groben das, was mich innerhalb der Seiten erwartete. Martin Sorck steht vor der Ruine seines Lebens und beschreitet einen Weg, an dessen Ende eine Entscheidung wartet. Doch der Weg ist wirr und fordernd, die Reise die Martin antritt, um alles hinter sich zu lassen, stellt ihn vor neue Herausforderungen. "An seinem Gedankengang klebte ein bitter schäumendes Gefühl von Verlust." (Seite 55) Sprachlich anspruchsvoll, inhaltlich tiefgründig und wundervoll abgedreht! So liebe ich Geschichten, wobei im Lob auch meine Kritik zu finden ist. Stellenweise wurde ich als Leserin wirklich gefordert. Nichts was negativ ist, doch diese eben genannte dreier Kombination verlangt Konzentration. Anspruchsvoll abgedreht trifft auf Gesellschaftskritik, solche Geschichten sind nicht für das schnelle Lesen zwischendurch geschrieben und Ablenkungen lassen bestimmte Feinheiten untergehen. Diese Kritik empfand ich jedoch nicht bei den Szenen auf dem Schiff, sondern nur in Bezug auf die Landgänge, die glücklicherweise nur einen kleinen Teil der Geschichte ausmachen. Das Verlassen des Schiffes, die Ereignisse an Land, können nicht mal kurz hier und dort gelesen werden, sie wollen die volle Aufmerksamkeit. Gesellschaftskritik in Science Fiction Format – irgendwo zwischen Realität und Fiktion. Eine sehr geniale Kombination und meine Kritik ist auf hohem Niveau zu verstehen, aber manchmal war es mir zu viel Inhalt auf zu wenigen Seiten. Auch Martin selbst blieb mir etwas fern, wirkte in seiner eignen Geschichte distanziert und dadurch konnte ich gewisse Gedanken und Ängste zwar verstehen, durfte aber nicht dahinter blicken. Besonders die Gedanken am Ende der Geschichte sind erdrückend, auch wenn ich dazu neige, besonders mit solchen Charakteren zu sympathisieren, ist der Grad an dieser Stelle sehr schmal! Martin verkörpert eine Person, in der sich wohl einige oder viele wieder finden würden, würde er dies als Protagonist zulassen. Aber vielleicht war dies auch Absicht des Autors?! Denn die Themen, die in diesem Buch verarbeitet werden, regen nicht nur zum Nachdenken an, sondern kritisieren vieles unserer heutigen Gesellschaft. Ich liebe es, wie der Autor Matthias Thurau Problematiken mit Skurrilität verknüpft! Es geht um die Gier, welche in dieser Geschichte tödlich endet (kein Spoiler, da ich nicht auf die Person eingehe). "Jeder Weg führt in den Tod und es ist nicht wichtig, ob er kurz oder lang, sondern nur, wie schön die Aussicht dabei ist, und wie angenehm die Luft." (Seite 229) Vieles wird metaphorisch skizziert, was mir unheimlich gut gefiel. Wie Martin vor dem Bullauge steht und nicht gesehen wird (S. 122), wie aufgrund social media-Aktivität alle Interessen und Verhaltensweisen bekannt sind und aufgrund dessen Menschen aussortiert werden. Oder wie Erwartung und Realität miteinander kollidieren. Der Autor weist zu Beginn auf mögliche Trigger hin, die jedoch am Ende des Buches genannt werden. Somit können Leser*innen selbst entscheiden, ob sie sich darüber informieren oder sich ahnungslos auf die Geschichte einlassen wollen. Eine sehr gelungene Umsetzung von Triggerwarnungen! Auch wenn die Geschichte fordert und mich ab und wann kurz verlor, so verlor ich mich ebenso in ihr. Abgedrehter Verlauf und verarbeitete Ängste, sowie Kritik, welches im Ganzen ganz nach meinem Geschmack ist.

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