Babscha
Ein biografischer Roman über Boris Sidis und seinen Sohn William James Sidis, beide exzentrische Genies, die auf der Schwelle zum 20. Jahrhundert in den Vereinigten Staaten von sich reden machten. Boris verlässt 1886 mit 18 Jahren seine Heimat Russland und landet im Zuge der großen Einwandererwellen in New York, schlägt sich dort durch, schafft es später mittels seiner Intelligenz in die besten Ivy-League-Universitäten der Ostküste, kommt zu Geld, lernt dann seine Frau Sarah kennen und zeugt mit ihr seinen Sohn William. Vom krankhaften Ehrgeiz besessen, aus ihm ein Genie seinesgleichen zu machen, wird er von seinen Eltern, gerade dass er das Licht der Welt erblickt hat, rund um die Uhr mit Weltwissen aller Art „zugeschüttet“. Und es funktioniert. William wächst zu einem wahren Wunderkind heran, hat mit 8 Jahren seinen Harvard-Abschluss und unterrichtet selbst. Nur mit dem wahren Leben tut er sich unendlich schwer. Je älter er wird, desto verschrobener und eigenartiger wird er, sein Leben wird zur Achterbahnfahrt, bis er zuletzt, unverstanden von der Welt und seinen Mitmenschen, auch mit seinen Eltern bricht und endgültig abstürzt. Zehrer gelingt mit seinem ziemlich opulenten, aber gut durchdachten und nah an den historischen Begebenheiten wandelnden Werk ein streckenweise etwas langatmiges, aber dennoch immer wieder in die Spur zurück findendes Buch über zwei absolute Exzentriker, die derart versponnen sind, dass es schon fast weh tut. Die Sprache ist mal elaboriert, man voll aus dem Leben, vor allem aber mit subtilem Wortwitz unterlegt, der den Leser bei der Stange hält. Und ganz nebenbei lernt man auch eine ganze Menge geschichtlicher Tatsachen, die einem oftmals gar nicht präsent waren. Ein nicht ganz unanstrengendes Buch, das durch seine Sprache und seine Story besticht und in der Gesamtbetrachtung durchaus überzeugt. Aber das auch einen eher verbissenen, ermüdungsresistenten Leser einfordert, der bereit ist, sich auf die ganzen Ausschweifungen des Autors außerhalb der Kerngeschichte einzulassen.