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SternchenBlau

Posted on 27.2.2020

Die magische Schnitzeljagd geht in die zweite Runde Wie schon in Band 1 fand ich vieles an dieser Märchenadaption ganz zauberhaft, einiges hat mich aber auch tierisch genervt. Wie schon im ersten Teil gehen die Zwillinge Alex und Connor wieder auf die Suche nach magischen Gegenständen, um einen Sammelzauber durchführen zu können. Mussten sie beim letzten Mal die wichtigsten Gegenstände von guten Figuren zusammenführen, wird nun die Schwierigkeitsstufe erhöht, denn nun sind die Lieblingsgegenstände der bösen Figuren dran. Märchen haben ja meist sehr eindimensionale Figuren und bei 20 oder 30 Seiten stört das ja auch nicht. Wenn man ihnen dann aber bei Colfer über mehrere Hundert Seiten folgt (über tausend Seiten fassen beide Bände zusammen), hat es mich dann doch gestört. Cinderella, Dornröschen und erst recht ihre Prinzessen bleiben blass und farblos. Selbst Goldlöckchen empfand ich so. Diese fehlende Tiefe wird umso auffälliger, weil Rotkäppchen mehrdimensionaler ausgestaltet wird. Sie hat zwar einige nervige, vielleicht gar schlechte Eigenschaften, aber darum mag ich sie wohl am Liebsten. Leider kommen bei Rotkäppchen dann einige klassische Frauenklischees zutage: vermeintlich zickig und oberflächlich, die sich hauptsächlich für ihr Äußeres interessiert. Dagegen werden Alex und Goldlöckchen in der Trope (dem Erzählmuster) von „the other girl“ gezeichnet, also die eben nicht so oberflächlich wäre, wie es den anderen Frauen oder Mädchen meist zugeschrieben wird. Da kommt es dann zu diesem bezeichnenden Dialog: „‚Du bist anders als alle Frauen, die ich bisher kennengelernt habe‘, befand Alex. ‚Inwiefern?‘, fragte Goldlöckchen. ‚Na ja – du bist einfach so selbstbewusst und unabhängig‘, erklärte Alex. ‚So viele Mädchen – besonders in meiner Welt – sind unsicher und neidisch. Obwohl wir uns so brauchen, sind wir gleichzeitig unheimlich gemein zueinander. …’“ Diversity: mäh! Natürlich brauchen wir mehr Solidarität und ich selbst hatte auch gerade als junges Mädchen ein „Alien“-Gefühl. Aber das baut so ein Klischee auf, als gäbe es nur ganz wenige Mädchen, die anders wären. Dazu kommt, was sich in Band 1 schon ankündigt, (darum ist es nur ein kleiner Spoiler), dass auch noch die „The Chosen One“-Trope mit reinspielt. Und auch die nervt mich zusehends, weil spielt mir Abstammung und Blutlinie und so ein Quatsch viel zu sehr mit rein. Bei der Klischeefalle fand ich auch die Gestaltung des Geschwisterverhältnisses schwierig. Nur ein Beispiel: Connor schüttelt sich, wenn er sich selbst mit Elfenflügeln sieht. Nach dem Motto: „Ihhh“, ich hab was goldenes an. Und warum gibt es keine einzige Nicht-Weiße-Figur? Diversity ist hier ziemlich mäh! Und dann gab es immer mal wieder Sachen, die nicht ganz sauber gebaut war: Der Suchtrupp stolpert z.B. schon in dem großen Saal der Meerhexe herum, mit ihren diversen Wachen in Reichweite, um dann erst ihre Tarnung anzulegen. Hmpf. Aber dann sind die die unterschiedlichen Märchen wieder so schön verknüpft (wie z.B. die Erkenntnis, wer der achte Zwerg ist), dass ich das Buch dann doch wieder mag. Aber ich möchte es halt nicht umkommentiert meinem Sohn in die Hand drücken. Diesen Band habe ich abwechselnd gelesen und gehört. Rufus Becks Lesung war weitgehend wieder total angenehm. Die Dialekte hätte er sich für mich aber sparen können. Mutter Gans, soll das Kölsch sein, was sie das spricht? Es kommt mir aber ziemlich albern vor. Und dass die böse Zauberin unbedingt einen russischen Akzent haben muss, das ist schon fast mehr als ein Klischee. Zauberhaft fand ich auch die Illustrationen als Vignetten bei den Kapiteln. Zwar bilden sie häufig die Überschrift ab, zeigen aber immer wieder die programmatischen Dingsymbole. So was mag ich sehr. Fazit: Zauberhaft, aber halt auch mit einigen Klischees, die mich zunehmend nerven. Daher runde ich die 3,5 Sterne bei diesem Band auf 3 Sterne ab.

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