Profilbild von thursdaynext

thursdaynext

Posted on 27.2.2020

Zauberklingen – Next Generation – Abenteuer aus der Parallelwelt Misantrophisch, moralisierende Schwert-und Politik-Action für enttäuschte Romantiker ist Joe Abercrombies Metier. Zeigten die ersten Bände der Klingensaga noch sarkastischen Witz und ironische Dialoge vermischt mit mehr oder weniger Magie, so ist dieser Band weitgehend ironiefrei, und auch Sarkasmus ist sparsam dosiert. Außer natürlich Leserinnen (Männer wie immer mirtgemeint), beziehen den Blick auf den Kapitalismus, der hier in Form des satt bekannten Manchester-Kapitalismus ( neue Fabriken und Produktionstechniken machen Arbeitskraft überflüssig und spottbillig und lassen arme Menschen verhungern) auftritt und Unruhen samt Rebellion verursacht, mit ein. Mit Fokus auf den aktuellen Neoliberalismus ist allerdings schon etliches an Ironie vorhanden, so Mensch sich in Geschichte ein wenig auskennt. Tatsächlich ist alles, was die Abenteuer von Savine dan Glokta,der modebewussten Intrigantin und Hardcorekapitalistin, Leo dan Brock, dem kampfgeilen ehrbewussten „jungen Löwen“ und Prinz Orso, dem versoffenen, gelangweilt herumhurenden Erbprinz und Rikke, der Tochter des Hundsmanns, deren Gabe der Zukunftsvorhersage noch in Erprobung ist, auf aktuelle politische Geschehen anzuwenden. Kinderarbeit, Unterdrückung, Terrorherrschaft die Gier nach Macht und die Spielchen zum Machterhalt. Fett zur Schau getragene dicke Eier, Kämpfer die an Großmäuligkeit, Grausamkeit und Gewalttätigkeit immer wieder einen draufsetzen und, typisch für Abercrombie, haufenweise psychisch versehrte Protagonisten. Der Bezug zur realen Welt ( ich lese gerade „A very stable Genius“ ist eindeutig vorhanden. „Der große Umbruch!“ Schielauge packte Mally hart und schmerzhaft am Arm und warf sie beinahe um. Es war schon komisch, wenn Männer von Freiheit sprachen, dann gingen sie nie davon aus, dass auch die Frauen frei sein würden.“ Nur bei Abercrombie ist es unterhaltsamer. Er verknüpft die Geschicke der Kinder seiner vorherigen Helden miteinander und flicht sie in das politische Geschehen ein, dessen Drahtzieher der Erzinquisitor Glokta, König von Styrien, die Nordmänner um den schwarzen Calder, sowie Magi, die allerdings nur als geheimnisvolle Randfiguren erscheinen, und natürlich immer um Macht rangeln. Wie könnte es auch anders sein. Das liest sich flüssig weg, ist ganz nett, aber am Ende ist nichts aufgeklärt, sondern alles deutet daraufhin, dass „Zauberklingen“ nur der Auftakt von etwas Größerem ist und die Protagonisten ihre tatsächlichen Rollen erst im nächsten Band voll ausleben. Das hat mich ein wenig verärgert, denn die Geschichten in der Geschichte sind zwar, abgesehen vom Plot um Savine dan Glokta und den Königssohn und Erben Orso, gelungen erzählt, aber so begeisternd wie seine Bände um Logan, Neunfinger und die bezaubernd missmutige Barbarin Monza Murcatto sind sie längst nicht mehr. Auch die Kampfszenen der anderen Klingenromane habe ich erfreulicher im Gedächtnis, das kann aber auch trügerisch sein. Am interessantesten fand ich Rikke und Savine dan Glokta, die männlichen Protagonisten kamen mir alle ein wenig eindimensional vor. Ich versuche mich jetzt mal wie Rikke am Zukunftvorhersagen: Es wird bald einen weiteren Band der Klingensaga geben, in dem die Magie und die hohe Politik eine große Rolle spielen werden und unsere Helden aus Zauberklingen ihre eingeschlagenen Wege weiter gehen, um auf dem Altar von Macht, Geld und Magie weitere Wunden psychischer und physischer Natur geschlagen zu bekommen. Ob ich diesen lesen werde, steht in den Sternen und wird von meiner Laune und dem Angebot der Stadtbibliothek abhängen. Fazit: Ein langer Auftakt zur Wiederbelebung der Klingensaga, psychologisch nicht schlecht gemacht, doch mir fehlt der Esprit der alten Abenteuer. Was Abercrombie immer noch drauf hat, ist der unverstellte Blick auf die Welt, die Psyche desHomo Sapiens und gute Dialoge. Damit ist er immer noch erheblich lesbarer als viele andere Fantasy Autoren.

zurück nach oben