Minze
Wäre ich ein Kaninchen, müsste ich wohl schon fast sauer auf Madlen Ziege sein. Verrät sie doch in ihrem Buch „Kein Schweigen im Walde“ quasi alles über die geheime Kommunikationszentrale aller Langohren. Zum Glück bin ich kein Kaninchen. Denn sonst hätte ich dieses spannende Buch über Informationen, Sprache und was Kommunikation sonst noch so zu bieten hat nicht lesen können: Ganz davon abgesehen, dass ich meine täglichen Nachrichten auf einer öffentlichen, möglichst gut einsehbaren Latrine „lesen“ würde… Diese und viele andere Geschichten aus dem Reich der Pilze, Pflanzen und Tiere erzählt Madlen Ziege in ihrem Buch. Dabei erschlägt sie den Leser aber nicht mit trockenen Fakten und endlosen Fachbegriffen. Nein, man hat das Gefühl, Frau Ziege plaudere bei einem Kaffee und ein paar Keksen gemütlich aus dem Nähkästchen. Dabei bringt sie aber so viel Fachwissen an den Leser, dass die Geschichten niemals ins Alberne abdriften. Mit Witz und Charme werden faszinierende Lebensweisen erzählt, die jeden Tag um uns herum passieren. Wer sonst könnte den Lebensweg des Kleinen Leberegels auf so erfrischende Art und Weise erzählen, dass man mit diesem kleinen Parasiten tatsächlich so etwas wie Sympathie empfindet. Aufgeteilt ist das Buch in drei Teile. In Teil 1 erfahren wir, was genau denn eigentlich Kommunikation ist. Teil 2 erklärt, wie er denn nun aussieht, der Informationsaustausch zwischen Lebewesen. Teil 3 schließlich geht der Frage nach, was passiert, wenn sich Bedingungen plötzlich ändern – welchen Einfluss hat der Mensch und der sich verändernde Lebensraum? Noch weiter aufgewertet wird das Buch durch wunderschöne schwarz-weiß Illustrationen, die Madlen Ziege zum Großteil selbst gezeichnet hat. Man könnte es fast schon unverschämt nennen, mit wie vielen Talenten die Autorin gesegnet zu sein scheint – schließlich schrieb sie auch noch das einleitende Gedicht über das Leben. Einzig der Titel des Buches ist meiner Meinung nach unglücklich gewählt: Beim kurzen Überfliegen von Buchcover und -titel nahm ich zunächst an, einen weiteren Vertreter der Zurzeit aus dem Boden schießenden Wald-Versteher-Bücher vor mir zu haben. Dabei ist „Kein Schweigen im Walde“ so viel mehr und der Wald nur einer der vielen Schauplätze. „Kein Schweigen im Leben“ wäre wohl der treffendere Titel gewesen, geht es doch um genau das: alles, was lebt. Wortwörtlich beginnend beim „Urschleim“, Einzellern, Mehrzellern, Pilzen, Plfanzen, Tieren. Denn „alles, was lebt, kommuniziert“. Und wie spannend und unterschiedlich diese Kommunikation ist, hätte ich vor der Lektüre des Buches wirklich nicht einmal vermuten können.