Ladybug
Wenn der Mensch Gott spielt Jenna wacht aus einem einjährigen Koma auf. Sie erinnert sich an nichts: nicht an den Unfall, nicht an ihr Leben vor dem Unfall, nicht an sich selbst und auch nicht an ihre Familie. Doch sie wundert sich, dass sie nicht von Freunden besucht wird und sich auch niemand nach ihr erkundigt. Sie will unbedingt herausfinden, wer sie ist. Nur mühsam gelangt sie an Informationen, doch als sie nach und nach erfährt, was geschehen ist, wird ihr klar, was sie tun muss … Dieses Jugendbuch ist mir als Erwachsene sehr unter die Haut gegangen. Die Story spielt in einer undatierten Zukunft, in der die bedenkenlose Medikation mit Antibiotika die Keime und Erreger resistent gemacht haben, wodurch Millionen von Menschen gestorben sind. Hunderttausende weitere Menschen haben Gliedmaßen verloren, weil es kein wirksames Medikament gab. Die Medizin konnte keine neuen Antibiotika entwickeln, hat aber andere Lösungen für das Problem gefunden. Jennas Vater war daran maßgeblich beteiligt. Der Unfall seiner geliebten Tochter brachte ihn dann jedoch dazu, seine Kompetenzen deutlich zu überschreiten. Der Leser merkt rasch, worauf es hinausläuft, dennoch bleibt der Spannungsbogen erhalten, denn wie Jenna mit all dem umgeht, wie sie reagiert, wie sie agiert – das ist nicht komplett vorhersehbar. Sehr schön ist das langsame Herantasten an die Wahrheit. Das beginnt mit Erinnerungen, die plötzlich wiederkehren, die aber gar nicht sein können (denn wer erinnert sich schon an seine Taufe, als man gerade zwei Wochen alt war?) und geht über Verletzungen, die nicht bluten bis zum Showdown. Mich konnte die Story absolut fesseln und auch sehr nachdenklich machen. Was macht einen Menschen aus? Wann ist ein Leben kein Leben mehr? Wo müssen Eltern loslassen, wo kämpfen? Viele ethische Fragen werden aufgeworfen – und die muss der Leser/Hörer ganz allein für sich selbst beantworten. Jenna hat anfangs keine Hilfe, nähert sich dann aber immer mehr ihrer Großmutter Lily an, die die Entscheidung von Jennas Eltern nie gutgeheißen hat. Langsam dämmert Janna, warum ihre Familie so weit weg von der eigentlichen Heimat (und der Firma des Vaters) gezogen ist und sie nicht sagen darf, woher sie wirklich kommt. Zwar kann man – besonders als Erwachsener Leser/Hörer – die Motivation der Eltern nachvollziehen, dennoch sympathisiert man fast nur mit Jenna und Lily. Ihre Klassenkameraden sind so bunt gemixt, wie das in jeder normalen Schule ist. Es gibt nette Mitschüler und weniger nette und auch einige widerliche Gestalten. Freunde und Feinde, möchte man sagen. Die Mischung ist realitätsnah und auch die Story, so futuristisch sie auch ist, ist logisch und in sich stimmig. Auch das Ende passt für meinen Geschmack sehr gut, obwohl es doch recht überraschend ist. Kurz gesagt: ich mag dieses Buch sehr, finde es absolut gelungen und der Zielgruppe perfekt angepasst. Kein Pferdchenbuch, wie zu meiner Jugendzeit, sondern ein anspruchsvolles, aber nicht zu sehr anstrengendes Buch, das man gerne liest. Gibt von mir deshalb auch die vollen 5 Sterne.