sursulapitschi
Eiskalt und tieftraurig „Das Eis-Schloss“ von Tarjei Vesaas ist in Norwegen ein Klassiker, der Autor bekannt im ganzen Land, hier braucht es eine Buchmesse, um ihm Aufmerksamkeit zu schenken, immerhin tat man es. Wer hier lieblich Märchenhaftes vermutet, liegt falsch, ein Erlebnis ist dieses Buch trotzdem, auch wenn die grundsätzliche Handlung in zwei Sätzen erzählt ist: Im tiefsten norwegischen Winter, wenn der Wasserfall gefriert und wie ein Eisschloss aussieht, verschwindet ein Mädchen spurlos. Unn und Siss sind 11 Jahre alt, als Unn verschwindet und Siss versucht, damit klarzukommen. Vesaas unglaublicher Schreibstil zieht einen in dieses Buch hinein und lässt einen klirrende Kälte, tiefe Verzweiflung und höchste Seelennot mit schnörkelloser Poesie erleben. „In dieser Nacht brannte in allen Häusern Licht. Alle Wege wurden begangen und auch alles dazwischen, im Neuschnee. Lampen blinkten halbblind vor Schnee im Gestrüpp und im offenen Gelände. Rufe stiegen auf, reichten aber nicht weit. Die Stockfinsternis hinderte die Rufe daran, durchzudringen.“ Man hat das Gefühl, der Autor hätte in die Köpfe dieser Mädchen geblickt und ist wieder 11 Jahre alt, ein Alter, wo man noch Kind ist, aber auch viel versteht. Wo viele einfache Dinge schwierig sein können, wo Unausgesprochenes die Gruppendynamik in der Schulklasse bestimmt, wo man nicht sagen kann, was man denkt, weil man es selbst nicht weiß oder es unaussprechlich ist. Wo man weiß, dass kein Monster unter dem Bett liegt und trotzdem Angst davor hat. Das Lesen dieses Buches ist leidvoll, trotzdem taucht man ein und kann es nicht mehr weglegen. Sehr gerne würde ich mehr von diesem Autor lesen. Leider scheinen nicht viele seiner Bücher übersetzt worden zu sein, das sollte man dringend nachholen.