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nadines_buecher

Posted on 25.2.2020

Noah Charney, Kunsthistoriker und Spezialist für Kunstkriminalität, liefert mit diesem Buch einen hochinteressanten Sachbuch-Krimi ab. Ich wollte das Buch gar nicht mehr weglegen! Schon allein die Unterteilung der Kapitel bzw. Kunstfälscher in die Rubriken „Genie, Stolz, Rache, Ruhm, Kriminalität, Opportunismus, Geld, Macht“, mit entsprechender einleitender Erläuterung zum kapitelgebenden Motiv, ist genial. Etliche Fotografien echter, gefälschter und imitierter Werke komplettieren die Fälle und Geschichten dahinter, nach den Namen der „Künstler“ benannt und mit weiteren Attributen dieses versehen. Nicht nur Fälscher und Imitatoren von Gemälden und Artefakten werden vorgestellt, sondern auch – ein weiterer Aspekt, der das Buch so interessant macht – Provinienzfälscher, Biographiefälscher, Literaturfälscher und Tagebuchfälscher. Aber auch der Unterschied zwischen authentisch und original wird beleuchtet. Sofern es zu Prozessen vor Gericht kam, werden diese erläutert und, soweit bekannt, die Motive der „Künstler“ und ihr Werdegang dargestellt. Nicht wenige davon erlangten dadurch erst Berühmtheit, andere wiederum waren und blieben tragische Gestalten. Im Zusammenhang mit Prozessen geht Charney auch auf die Entwicklungen bei der Aufklärung von solchen Betrügereien und die durchaus milde Rechtsprechung ein. Wunderlicherweise tauchen jedoch nur die in den Skandal um die Galerie Knoedler in den USA verwickelte Galeristin und die Verkäuferin, auf die sie hineinfiel, neben Helene Beltracchi als Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts auf. Fälschen Frauen nicht? Fälschen sie anders? Eignen sie sich eher als skrupellose Verkäuferinnen? Eine Frage, die nicht beantwortet wird. Vielleicht im nächsten Band? Bild- und sonstige Nachweise sind im Anhang zu finden, ebenso beschriebene Recherche- und Methoden zur Authentifizierung von Kunstwerken. Nicht ohne Warnung an Kunstkäufer schließt der Autor, ebenso mit einem Appell an Galerien und Auktionshäuser, in Untersuchungsmethoden zu investieren und somit ihre Käufer zu schützen. Lediglich die gewählte Schriftart ist gewöhnungsbedürftig, lässt meiner Meinung nach die Augen schnell ermüden. Und schade, dass „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ nicht im Buch aufgegriffen wurde; lediglich der imitierte Künstler Jan Vermeer. Da sie das Cover ziert, hatte ich damit gerechnet.

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