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mabuerele

Posted on 24.2.2020

„...Ein rottes Plattboot, ein Toter auf einer Sandbank mitten im Watt, eine Anfängerin und ein Pfannkuchenmann. Der erste Tag ihres neuen Lebens verlief in jeder Hinsicht so geschmeidig wie ein Verkehrsunfall...“ Das Zitat drückt eigentlich alles aus, was man über den Kriminalfall wissen muss. Aufgeschlüsselt ergibt sich, dass Commissaris Griet Gerritsen mit einem alten Plattboot ihres Vaters an ihrem neuen Einsatzort in holländischen Friesland angekommen ist. Wenige Minuten zuvor hat man den toten Vincent Bakker in einem alten Schiffswrack gefunden. Wim Wouters, der Chef der Kripo, macht Griet klar, dass sie entscheidet, ob das ihr erster und gleichzeitig ihr letzter Fall ist. Ihr zur Seite ermittelt Pieter de Vries, der sich bisher mit alten Fällen beschäftigen musste, und Noemi, die er als hektisches Küken bezeichnet. Der Autor hat einen fesselnden Kriminalroman geschrieben. Die Geschichte ist vielschichtig. Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Gut gefallen hat mir, dass häufig der lokale Dialekt verwendet wurde. Ich hatte kein Problem, ihn zu verstehen. Er wird durch kursive Schrift kenntlich gemacht. Der Roman beginnt nach dem Prolog mit einem Alptraum von Griet. Es wird nicht der einzige bleiben. Auf diese Art lässt mich der Autor an ihrer Vorgeschichte teilnehmen. Die ist wichtig, um ihre Versetzung und ihr Handeln in gewissen Situationen nachvollziehen zu können. Gut dargestellt werden die örtlichen Verhältnisse. Dazu gehört nicht nur die Beschreibung der Insel, sondern auch Informationen über das Leben dort. Interessant fand ich den kurzen kulturhistorischen Exkurs und Die Hinweise über den Umgang mit Strandgut. Der Tote wird folgendermaßen charakterisiert: „...Er … also, er war ein echt dufter Typ, alle mochten ihn, und die Leute haben gern ein pilsje mit ihm getrunken...“ Doch der äußere Schein trügt. Es bedarf gründlicher Recherche, um herauszufinden, dass nicht nur der Tote, sondern auch manch andere Inselbewohner eine Leiche im Keller hat. Trotzdem ist der Fall nur schwer zu durchschauen. Bei Vernehmungen sind die Leute wortkarg. Hinzu kommt, dass sie die ermittelnden Beamten erst zusammenraufen und an ihre Eigenarten gewöhnen müssen. Griet geht dabei großzügig mit dem Übereifer der jungen Kollegen um. Sie hat gute Gründe dafür. Ab und an blitzt ein feiner Humor auf: „...Anders als ihre jüngeren Kollegen hielt sie ihre Beobachtungen gern schriftlich fest. Bei einem Notizbuch konnte nie der Akku leer werden…“ Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Der Autor hat seine Handlung raffiniert gestrickt und bis zum Ende einen hohen Spannungsbogen gehalten. Gleichzeitig werden ermittlungstechnische Fragen, das Privatleben der Protagonisten und die Gegebenheiten auf der Insel in einem ausgewogenen Verhältnis berücksichtigt.

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