wortberauscht
Rezension verfasst von © Janna (KeJasWortrausch.de) Ein Festa-Buch das es in sich hat, aber nicht gänzlich so, wie man es bei dem Verlag vermutet! Ja, es ist brutal. Ja, es ist detailliert. Aber es ist auch so vielschichtig – erschreckend, einnehmend, überraschend! Das der Film „Chained“ zu dieser Geschichte inspirierte kann ich mir sehr gut vorstellen und doch dachte ich zunächst direkt an den Film „Haus der 1000 Leichen“, wobei dieser eher im entferntesten Sinne etwas mit dem Buch gemein hat (oder umgekehrt). Randnotiz: ich kann Euch beide Filme sehr empfehlen! Eine Familie. Vermisste Frauen. Schreie. Stille. Ein Bruder der in seinen Taten Erfüllung findet. Der andere Bruder, der sich nach einem anderen Leben sehnt. Und dazwischen viele Emotionen und einschneidende Traumata. Eine Geschichte bei der nicht zu viel verraten werden darf, denn es ergeben sich Wendungen die nicht vorhersehbar waren, es entwickelt sich ein Verlauf, bei dem man kaum weiterlesen mag. Ich war inmitten der Küche und des Hofes der Familie Morrow. Zwischen vergangenem und gegenwärtigem. Besonders die zwei Brüder stehen im Fokus der Geschichte. Die Entwicklung ihrer Beziehung, der Anfang ihres Schicksals. Michael und Ray (Reb genannt) könnten nicht unterschiedlicher sein. Während Ray monströsen Phantasien nachgibt und hinter seiner Fassade sehr gut bei jungen Frauen seines Alters ankommt, so ist Michael zurückhaltend und tut unter Zwang Dinge, die ihn nachts wach halten. "Der Umgang mit Menschen fiel ihm leichter, wenn sie tot waren." (Seite 14) Doch zu seiner Schwester Misty hat Michael ein inniges Verhältnis, so hat Ray ihn gut unter Kontrolle. Doch dann taucht plötzlich Alice auf und Michaels Gedanken beginnen Achterbahn zu fahren. Kann er sich von seiner Familie lösen und Misty zurücklassen? Kann man seine dunkle Seite so tief vergraben? Michael lebt zwischen zwei Welten, fast schon bizarr diese zu lesen – zwischen Horror und Verliebtheit. Ein Horror der mir nicht nur in den Morden begegnete, sondern auch in der Beziehung zu den Eltern, dem Leben auf dem Hof. Misty, die sich ihrem Schicksal fügt und sich zu sehr an Michael klammert. Eltern die mit Taten statt Worten sprechen und ihre Kinder in einem gewaltvollen Umfeld aufwachsen lassen. Michaels Liebe die er seiner Schwester gegenüber empfindet, die zarte Entstehung der Verliebtheit zu Alice. Der Kampf zwischen Loyalität und Freiheit. Und Ray, für den das Morden nicht nur ein Spiel ist, sondern eine Erfüllung auf verschiedenen Ebenen. Mit einem Plan der an Perfidität kaum zu übertreffen ist. Je mehr Seiten ich las, umso mehr Geheimnisse gaben die Morrows preis. Erlebnisse die zu erahnen waren und Ereignisse die mich überraschten! Besonders die Skizzierung der Kindheit beider Brüder lässt ein erschreckend schauriges Bild entstehen. Man wird gezwungen sich in Ray hineinzuversetzen, ein Horror-Thriller welcher mehr verbirgt als brutale Morde. Eine Beziehung zwischen Brüdern die über Jahre immer mehr Risse bekam und zum Ende hin mit seiner vollen Wut zuschlägt. Es ist und bleibt ein Festa-Buch! Die Gewaltszenen sind deutlich beschrieben und auch die Vergangenheit schleicht mit Schrecken durch die Zeilen. Einzig in einer Szene wird beschrieben was Leser*innen triggern kann/könnte, alle weitere Erfahrungen die einzelne Protagonistinnen erleben mussten werden benannt, aber nicht weiter ausgeführt. Eine Kleinigkeit fehlte mir, etwas mehr herauszögern am Ende und etwas weniger von Michaels Verständnis, aber grundlegend ein Buch das ich weiter empfehlen kann! Gelungene Überraschungen und Wendungen innerhalb der Geschichte und auch ein Ende, das mich als Leserin überzeugen konnte, da es eben endet, wie es endet! Und dabei ist es völlig nebensächlich, ob der Ausgang im Vorfeld zu erahnen war oder nicht, es geht um die Zeilen dazwischen!