Buchstabenfestival
Wenn man sich das Cover von "Cows" anschaut, denkt man wahrscheinlich an eine leichte erotische Geschichte, geheimnisvoll und voller Sehnsucht. Oder so ähnlich ;-). Schlägt man das Buch auf und fängt an zu lesen, weiß man, dass das Buch wenig mit der erotischen Literatur zu tun hat. Es geht um mehrere Frauen und auch um einen Mann, die aus ihren verschiedenen Perspektiven die Geschichte erzählen. Es gibt Berührungspunkte und Freundschaften. Jede einzelne Frau kämpft mit einem anderen Problem und der Mann ist der Auslöser eines dieser Probleme. Eine wird unfreiwillig zur Wank Woman im Netz und muss nun darum kämpfen, durch die Medien nicht vernichtet zu werden. Man erlebt die Schnelligkeit des Internets, den Hass und die Hetze gegenüber dieser Frau. Die Rücksichtslosigkeit gegenüber ihrer Person, ihrer Tochter und Familie. Die Sensationsgier und das Manipulieren von Informationen für eine gute Story. Man erfährt, wie wenig ein Mensch noch wert ist, wenn es um eine "gute Story" geht. Eine andere Frau steht in einem starken Widerspruch zur gesellschaftlichen „Norm“. Sie polarisiert mit ihrem Blog und provoziert immer wieder Diskussionen. Sie kämpft für mehr Vielfalt, mehr Respekt gegenüber Anderslebenden und um die Achtung und den Anerkennung der eigenen Mutter. Dir dritte Frau empfand ich als sehr schwierig. Sie war schon sehr speziell, aber wahrscheinlich gibt es sie auch in der Realität. Der Verlust ihrer Zwillingsschwester durch den Krebstod hat sie aus der Bahn geworfen. Auch ihre Mutter starb an Krebs und sie lebt mit einer tickenden Zeitbombe im Körper. Sie schafft es nicht, den Tod zu verarbeiten, verliert ihren letzten Halt und gerät dadurch immer mehr in eine Spirale, die sie manisch werden lässt. Sie hat sich in den Kopf gesetzt ein Kind zu bekommen. Aber ohne einen Mann an ihrer Seite. Sie will nur das Sperma und sie will es von jemanden, der eine andere Frau liebt. Und der Mann? Der hat eine Frau kennengelernt, die ihn direkt fasziniert hat und verliert er ihre Telefonnummer. Er ist ein Schriftsteller mit einer Blockade und einer bereits abgelaufenen Deadline. Damit er es schafft, hat er sich eine Internetsperre auferlegt und erfährt dadurch nicht, was wegen ihm alles passiert. Die drei weiblichen Charaktere werden durch die Wank Woman Geschichte langsam miteinander verbunden. Sie beeinflussen sich gegenseitig, teilweise unbewusst, teilweise durch bewusste Handlungen. Viele Zusammenhänge erschließen sich erst nach und nach und lassen so ein Gesamtbild entstehen. Ich fand die Geschichte gut, sehr gut geschrieben. Die Autorin provoziert natürlich mit einigen Passagen, überspitzt ein paar Handlungen oder Aussagen, aber der Kern der Geschichte ist gut zu erkennen. Die Geschichte ist ein Spiegel unserer Gesellschaft und kann durchaus ordentlich erschrecken. Wer gegen den Strom schwimmt, nicht mit der Herde mitläuft, hat es schwerer im Leben.