Susanne Matiaschek
Antonia Michaelis ist eine Autorin, deren Bücher man einfach mag oder eben nicht. Ich mag ihre doch etwas spezielle Art zu schreiben sehr gern und daher musste ich auch ihren neuen Roman unbedingt lesen. Der vor allem mit unterschwelliger Spannung punktet und in den Bann zieht. Dieser Roman zeichnet sich vor allem durch sehr viel Subtilität und Ruhe aus. Die Autorin schreibt dabei sehr eindringlich und packend. Ihr gelang es, mich wirklich schnell in den Bann zu ziehen. Man könnte fast sagen, ich befand mich fast wie in Trance und blendete die Realität völlig aus. Dabei zaubert sie eine sehr beklemmende und mystische Atmosphäre, die überaus geheimnisvoll und undurchdringlich ist. Hierbei erfährt man alles aus der Sicht von Tim. Ein Junge, der doch etwas den Status des Außenseiters hat und den Lilith auf eine sehr eigentümliche Art und Weise fasziniert. Und durch Tim lernen wir schließlich auch Lilith kennen. Ein vielleicht doch etwas sonderbares Mädchen, das aber vielleicht durch ihre Andersartigkeit, auch nur so auf die anderen wirkt. Weil sie sich eben nicht der breiten Masse anschließt. Weil sie anders ist. Anders wird heutzutage nicht gern gesehen und sofort türmen sich die unterschiedlichsten Gerüchte auf. Mich haben die Charaktere wirklich sehr begeistert. Antonia Michaelis hat sie sehr authentisch und mit spürbaren Ecken und Kanten gezeichnet. Einige sind greifbar, andere weniger. Aber das Gesamtbild, das sich daraus ergibt, hat mir enorm gut gefallen. Die Handlung hat mich einfach nur gepackt. Denn Antonia Michaelis gelang es wirklich außerordentlich gut Realität und Fantasie zusehends ineinander verschwimmen zu lassen. War man eben noch in einem Theaterstück, so ist man nicht in der Lage zu entscheiden, wann man dieses wieder verlassen hat. Was mich wirklich sehr fasziniert hat. Die Rollen erwachen zum Leben. Und das mit einer ziemlichen Leidenschaft und Intensität. Es hat etwas von einem Sog, den man einfach nicht mehr verlassen kann und es auch gar nicht möchte. Dabei wird die Autorin auch etwas poetisch, was ich sehr gern mochte. Das gibt dem Ganzen eine besondere und tiefgreifende Note und besonders die Emotionen kommen dadurch wirklich gut heraus. Bestes Beispiel dabei ist La Bruja, die von Lilith gespielt wird und man oft nicht weiß, wo die Rolle beginnt und wo sie eigentlich endet. Gerade anfangs hat mich das doch gehörig aus dem Tritt gebracht und sichtlich verwirrt. Doch mit der Zeit gewöhnt man sich daran, was es aber keineswegs einfacher macht. Denn dieser Roman erfordert viel Einfühlsamkeit und Aufmerksamkeit. Zwischendrin kann man immer wieder sehr gut miträtseln, weil es Vorkommnisse gibt, die verdammt beklemmend und mysteriös sind. Zu keiner Zeit gelang es mir allerdings der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Als es in einen spannenden und temporeichen Showdown mündete, war ich einfach nur sprachlos. Mit dieser Art der Auflösung hatte ich in keinster Weise gerechnet. Schlussendlich zelebriert Antonia Michaelis hier nicht nur ein Theaterstück, das mich wirklich nur begeistert hat. Sie lässt viel Raum für eigene Interpretationen. Sie rüttelt den Leser auf und gibt auch etwas Stoff zum nachdenken mit. Ein Theaterstück, das der Realität gar nicht mal so fern ist und wirklich gut ausgearbeitet wurde. Das einzige was ich dabei tatsächlich bemängeln muss, ist die Intensität der Emotionen, denn diese hätte mehr herauskommen können. Fazit Antonia Michaelis schafft mit “Hexenlied” einen Roman, der mich wirklich auf ganzer Ebene überrascht und in den Bann gezogen hat. Ein Roman, in dem Realität und Fantasie zusehends ineinander verschwimmen. Ausdrucksstarke, vielfältige Charaktere und eine Handlung, die einfach nur beklemmend und sehr mysteriös ist. Ein Roman, in dem man viel miträtseln kann und der auch darüber hinaus einiges mit auf den Weg gibt. Eher ruhiger und subtiler Natur, was ich aber hier wirklich sehr gern mochte. Alles in allem wirklich empfehlenswert. Ein Roman, der nicht allzuvieler Worte bedarf. Wer Antonia Michaelis kennt, dem wird auch dieses Buch herausragend gut gefallen.