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seehase1977

Posted on 21.2.2020

Idaho – Eine tragische Geschichte atmosphärisch erzählt Idaho, USA: Familie Mitchell hat sich einen flirrend heißen Tag ausgesucht, um im Wald das Brennholz für den bevorstehenden Winter einzuholen. Die beiden Mädchen May und June spielen ganz in der Nähe. Jenny, die Mutter hat ein Beil in der Hand und dann, nur wenige Augenblicke später, wird die stille Idylle für immer zerstört. Von einem Tag auf den anderen ist Wades Leben zerbrochen, die jüngste Tochter tot, seine Frau zu lebenslanger Haft verurteilt und June, Wades ältere Tochter seit dem tragischen Vorfall spurlos verschwunden. Vielleicht ist es ein Segen, dass Wade Mitchell schon früh an Demenz erkrankt, bald wird er sich an nichts aus seinem Leben mehr erinnern können. Seine zweite Frau Ann kümmert sich dennoch rührend um ihren Mann. Sie wird nie erfahren, was damals wirklich geschehen ist, aber siemacht sich dennoch auf die Suche nach der Wahrheit… Meine Meinung: Der Roman „Idaho“ von Emily Ruskovich ist mir durch sein schönes Cover ins Auge gesprungen und hat durch den mysteriös klingenden Klappentext meine Neugier geweckt. Interessant fand ich die eher enttäuschenden Meinungen zu diesem Buch, weshalb ich mir unbedingt ohne große Erwartungshaltung ein eigenes Bild verschaffen wollte. Emily Ruskovich hat mir mit ihrem Debüt, von einigen Kritikpunkten einmal abgesehen, schöne Lesestunden beschert. Von dem Gedanken, dass es sich bei diesem Buch um einen Krimi oder gar Thriller handelt, wie man aufgrund des Klappentextes durchaus annehmen kann, muss man sich relativ schnell verabschieden. Die Autorin schafft es zwar aufgrund ihres, wie ich finde, sehr schönen Schreibstils und ihrer feinen und wortgewandten Sprache, eine düstere und bedrückende Atmosphäre zu schaffen, mit einem Kriminalroman hat man es hier aber definitiv nicht zu tun. Vielmehr beleuchtet Ruskovich in ihrer Story Menschen, die alle mehr oder weniger in Verbindung mit dem Verbrechen auf dem Berg stehen oder gestanden haben. Man taucht ein in deren Geschichten, geht darin auf, versinkt manchmal darin. Als ungewöhnlich und manchmal etwas sehr störend empfand ich die ständigen Zeitsprünge. Ruskovich bedient sich einem Zeitraum von 1973 bis 2025 und wechselt fast willkürlich in die verschiedenen Jahrgänge. Diese Sprünge erfordern die volle Aufmerksamkeit des Lesers, da man sonst leicht den Faden verlieren kann. Man weiß nie so recht, welche Person gerade zu Wort kommt, ob man sie schon kennt und sie nur älter geworden ist, oder ob man sie erst neu kennen lernen wird. Dies ist manchmal sehr verwirrend und auch ein bisschen anstrengend. Aufgrund der vielen im Roman vorkommenden Personen ist es schwer, einzelne Charaktere hervorzuheben. Die Hauptprotagonistin ist sicherlich Ann, die durch die Tragödie, die ihrem Mann Wade und seiner Familie auf dem Berg widerfahren ist und die Ungewissheit, was damals wirklich geschehen ist, nicht zur Ruhe kommt und nach Wahrheiten sucht, die es vielleicht gar nicht gibt. Durch die Demenz ihres Mannes steigert sich Ann regelrecht in die Suche nach Antworten hinein. Ihre Art und ihr Handeln waren mir nicht immer sympathisch und doch hätte ich mir niemand anderen für diese Rolle vorstellen können. Der rätselhafte Mord, die Wahrheit über die Geschehnisse an diesem schicksalhaften Sommertag und Junes Verschwinden, werden nicht aufgeklärt, am Ende weiß man nicht mehr als zu Beginn der Geschichte. Mein erstes Empfinden war Enttäuschung, denn schließlich habe ich während des gesamten Buches den Antworten entgegen gefiebert. Emily Ruskovich lässt dem Leser hier Freiraum für eigene Gedanken, Spekulationen und Interpretationen. Mein Fazit: Emily Ruskovichs Debütroman „Idaho“ lebt definitiv von ihren unheimlich schönen Schreibstil und der feinen, sensiblen und bildhaften Sprache. Sie ließ mich hinein tauchen in die Geschichte und zeichnete eine wunderschöne, aber auch rauhe und wilde Landschaft vor meinem inneren Auge. Ruskovich macht deutlich, dass man lernen muss, mit Begebenheiten und Tatsachen umzugehen, auch wenn wir sie nicht verstehen und auch nicht vergessen können. Hin und wieder muss man Dinge oder Geschehnisse hinnehmen, denn es kann nicht für alles Antworten geben, so sehr man sich diese auch manchmal wünscht. Für mein Gefühl waren es etwas zu viele und zu extreme Zeitsprünge, die für ein flüssiges Lesen der Geschichte manchmal etwas hinderlich waren. Obwohl ich aus den bereits gelesenen Meinungen zum Buch wusste, dass es am Schluss keine Aufklärung über die Ereignisse geben wird, war ich doch ein klitzekleines bisschen enttäuscht über das abrupte Ende, so hat irgendwie doch der allerletzte Kick gefehlt. Alles in allem hat mir „Idaho“ aber gut gefallen.

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