Susanne Matiaschek
“Ich lebe noch” ist ein Survival Thriller der besonderen Art. Ich habe mich sehr darauf gefreut und dennoch wusste ich lange nicht, ob mir dieses Buch zusagt. Denn wenn man in Jess’ Geschichte eintaucht, spürt man nichts als lähmende Stille. Eine Stille, die nach unten reißt und so viel Traurigkeit und Schmerz mit sich bringt. Fast schon ein quälendes Ohnmachtsgefühl. Es ist unglaublich drückend und schwer. Atmosphärisch, lebendig und durchweg bewegend. Und hat mir wirklich einiges abverlangt. Es ist ein Thriller, der eher ruhiger Natur ist und fast einer ein Mann Show gleicht. Denn neben Jess gibt es nicht viel. Man erlebt, wie sie zu einer Kämpferin wird und ihre innere Stärke findet. Das braucht sie auch. Sonst würde sie keinen Tag überleben. Und daneben lernen wir den wundervollen Bo kennen, der mich wirklich emotional gepackt hat. Ein 16jähriges Mädchen und ihr tierischer Begleiter. Eine Freundschaft die mich wirklich berührt und einfach mitgerissen hat. Gefährten die zur gegenseitigen Stütze werden und einander so viel Kraft geben. Doch werden die beiden diesen Ort auch wieder lebend verlassen können? Daneben gibt es noch den ein oder anderen Nebencharakter. Aber durch Jess’ Präsenz, nimmt man sie nur am Rande war und bringt ihnen auch nicht wirklich Interesse entgegen. Viel zu intensiv und gehaltvoll, ist dafür Jess. Wir erfahren einiges aus ihrem Leben und gleichzeitig ist da ein Nebel, der diesen Hintergrund verblassen lässt und für unwichtig einstuft. Viel zu wichtig und essentiell ist das Jetzt und Hier. Das so viel Mut, Kraft und innere Stärke erfordert. Das so viel Dramatik und Intensität mitbringt. Kate Alice Marshall hat einen sehr einnehmenden und mitreißenden Schreibstil. Sie hat eine Art an sich, die extrem fordert und gleichzeitig kann man nicht von dieser Geschichte lassen. Mitunter schlichen sich zwar ein paar Längen ein, die aber nie von langer Dauer waren. Die Autorin hat die Atmosphäre einfach perfekt eingefangen. Hoffnungslos, zerbrechlich , aber auch wild und rau. Einsam,mit einem Hauch Melancholie verwoben. Sie lässt uns Jess ihre Geschichte erzählen. Man spürt die Leere und Hoffnungslosigkeit in ihrer Stimme. Man spürt, dass sie nicht weiß, ob sie das hier überleben wird. Interessant war für mich wie diese Geschichte geschildert wurde. Immer abwechselnd auf zwei Zeitebenen. “Davor” und ” Danach”. Dadurch erlebt man Jess’ Entwicklung sehr deutlich und nachvollziehbar. Ein Mädchen das nicht perfekt ist, aber über ihre eigenen Grenzen hinauswächst. Das zu erleben hat mich merklich zerrissen. Denn man möchte Jess einfach nur von da fortbringen. Die Autorin punktet hier weniger mit Blut und Brutalität, als vielmehr mit Entwicklung und psychologischen Aspekten. Der Thrill Anteil wurde für mich erst später spürbar. Aber dann ging es quasi Schlag auf Schlag. Es hat mich vom Verlauf her nicht besonders überrascht. Aber sie findet einen guten Abschluss. Besser hätte ich es mir nicht ausmalen können. Fazit: “Ich lebe noch” ist ein eher ruhiger und gleichzeitig sehr atmosphärischer und lebendiger Thriller, der komplett unter die Haut geht. Interessant, detailreich, mit einer Stille behaftet, die alles andere verblassen lässt. Eine Story in der es um innere und äußerliche Stärke geht. Weniger mit Blut und Brutalität, als viel mehr mit psychologischer Spannung behaftet. Mich hat er absolut mitgerissen, auch wenn sich mitunter ein paar Längen einschlichen. Unglaublich emotional, dramatisch und herzzerreißend.