Caillean
Aufwühlende Kindheitserinnerungen und ein Plädoyer für Umweltbewusstsein Meredith May ist mit „Der Honigbus“ ein aufwühlendes Buch gelungen – in menschlicher und tierischer Hinsicht. Der Roman setzt sich zum einen damit auseinander, welche Bedeutung Familie für das Heranwachsen von Kindern hat (und welche Auswirkungen ein Zerfall der Familie haben kann). Andererseits wird aufgezeigt, welche Bedeutung Bienen für den Menschen haben. Fangen wir mit dem einfacheren Thema an, den Bienen. Die Autorin beschreibt mit viel Hingabe und Detailverliebtheit, wie ein Bienenvolk funktioniert. Und wann es funktioniert. Für mich war es faszinierend zu erfahren, wie die Arbeitsteilung der Bienen aussieht, welche Rollen es gibt und wie jedes kleine „Rädchen“ ineinandergreift, damit das große Ganze funktioniert und Honig gewonnen werden kann. Die Autorin zeigt auch deutlich auf, welche Gefahren ein massives Bienensterben mit sich bringt, wie zuletzt im Jahr 2006 in den USA – und das ist tatsächlich erschreckend. Konsequenz für mich: demnächst werden in meinem Garten bienenfreundliche Pflanzen einziehen. So kann ich im Kleinen etwas dafür tun, den fleißigen Nektarsammlern Lebensraum zu bieten. Das weitaus verstörendere Thema in diesem Roman war allerdings die Beschreibung von Merediths Kindheit. Das Buch ist ein „Memoir“, ein Roman mit autobiographischen Zügen. Es hat mich betroffen gemacht, wie das Mädchen seine Kindheit erlebt. Nach der Trennung der Eltern fällt die Mutter in ein tiefes Loch der Depression und entwickelt Stimmungsschwankungen, mit denen Meredith und ihr kleiner Bruder hoffnungslos überfordert sind. Das Seelenleben des Kindes wird nachhaltig gestört und nur der (nicht leibliche) Großvater mit seiner Imkerei gibt etwas Halt. Die geschilderten Szenen, in denen der Egoismus und die Selbstbezogenheit der Mutter besonders zum Tragen kamen, haben mich sprachlos gemacht. Und auch, wenn das Ende versöhnlich klingt und die Beweggründe für das Verhalten der Mutter aufgeklärt werden, hat mich das Buch doch insgesamt aufgewühlt zurückgelassen. Wer sich entscheidet, diesen Roman zu lesen, wird ihn sicherlich nicht so schnell vergessen.