Profilbild von patricianossol

patricianossol

Posted on 16.2.2020

„Nichts ist leichter als Selbstbetrug, denn was der Mensch wahrhaben möchte, hält er auch für wahr.“ (Demosthenes) „Als sie den Absender las, erschrak sie. Amtsgericht München, Abteilung Nachlasssachen. War etwa ihre Mutter gestorben oder ihr Vater und niemand hatte sie informiert? Einen Moment erschien ihr das möglich. Und sicher öffnete sie den Umschlag und faltete das Schreiben auseinander.“ (Auszug aus „Das Erbe“) Mona kann es kaum fassen. Ihre Großtante Klara hat ihr ein imposantes Haus in Schwabing vermacht. Sie war sich sicher, dass Mona das Richtige tun wird. Monas Familie ist bei Klaras Erbe leer ausgegangen und fortan muss sich die junge Frau mit ihren intriganten Verwandten auseinandersetzen. Sie zeigt ihnen die kalte Schulter und beginnt, das luxuriöse Leben in Reichtum zu genießen. Doch plötzlich wird Mona mit der Vergangenheit des Hauses konfrontiert. Sie findet heraus, dass das Haus früher dem jüdischen Unternehmen Jacob Roth gehörte. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten plant Roth seine Auswanderung. Wie ist das Haus in Klaras Besitz gekommen? Wird Mona das Richtige tun? Schon auf den ersten Seiten entdecke ich meine Sympathie für Mona. Sie wirkt beinahe vertraut. Ich mag ihre ehrliche, bodenständige Art. Mona nimmt mich mit in das Schwanenhaus und lässt mich das antike Mobiliar bewundern. In einem anderen Erzählstrang begegne ich Sabine, die mir von Anfang unsympathisch ist. Ich stemple sie schnell als Schmarotzerin ab. Dennoch spüre ich beim Lesen, dass sie Mona gefährlich werden könnte. Gespannt verfolge ich das Szenario. Besonders reißen mich die Rückblicke in die Vergangenheit mit, in denen Klara zu Wort kommt. Ich finde keine Ruhe, bevor ich nicht weiß, was damals wirklich passiert ist. Bis tief in die Nacht versuche ich lesend die Ereignisse von damals zu rekapitulieren. Klaras Rolle ist mir lange Zeit nicht klar. Ich sympathisiere mit ihr, frage mich jedoch, warum sie Mona das Haus vererbt hat. Buchautorin Ellen Sandberg spielt mit den Gefühlen ihrer Leserschaft. Sie versprüht Enthusiasmus und sät Zweifel. Ich schlüpfe in Monas Rolle. Wie würde ich an ihrer entscheiden? Es ist ein Zwiespalt. Durch interessante Wendungen entwickelt sich der Roman zu einem Krimi. Klasse gemacht! „Das Erbe“ ist für mich bereits der dritte Roman, den ich von Ellen Sandberg gelesen habe. Erneut bin ich begeistert von ihrem spannungsreichen intelligenten Schreibstil. Beeindruckende Lektüre mit Sogwirkung! Geschenkidee für lesende Freunde!

zurück nach oben