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Die Zeit der Männerherrschaft ist vorbei, denn mithilfe der Gabe, Elektrizität mit dem eigenen Körper zu erzeugen, beginnen die Frauen unserer Welt zu rebellieren. Die Unterdrückung, Diskrimierung und Ausnutzung des weiblichen Geschlechts scheint bald der Vergangenheit anzugehören, doch ist eine von Frauen regierte Welt wirklich eine bessere? Die Autorin beantwortet diese Frage sehr eindeutig und erschafft mit ihrem Weltenentwurf ein spannendes Gedankenspiel. Mehr als das hält Die Gabe jedoch nicht bereit. Ich habe sehr viel Potential in Frau Aldermans Idee gesehen und kann auch nicht leugnen, dass sie mich gut unterhalten hat. Mit ihrem utopischen/dystopischen (das kommt wohl ganz auf den Blickwinkel an) Roman wirft sie die These, dass Frauen wesentlich klügere und moralisch vertretbare Herrscherinnnen wären, komplett um. Die Leser*innen werden mit Religionsmissbrauch, Brutalität, Sexismus und Korruption konfrontiert, die das Verhältnis zwischen Mann und Frau vollständig umkehren. Die Geschichte macht deutlich, dass ein Ungleichgewicht bei der Machtverteilung immer auch zur Diskriminierung der Minderheit führt, unabhängig von ihrem Geschlecht. Das mag sein und solch ein Thema kann eben auch nur mithilfe von Vermutungen diskutiert werden, trotzdem schien mir das ganze Konzept nicht ganz durchdacht und es fehlte ihm, meiner Meinung nach, an Tiefe. Die handelnden Protagonist*innen, aus deren Perspektiven wir den Verlauf der Geschehnisse beobachten, agieren unreflektiert. Besonders die weiblichen Charaktere entwickeln sich zu rachsüchtigen Individuen ohne moralisches Verständnis. Frau Alderman macht es sich sehr einfach, indem sie unsere Welt einmal umdreht, Frauen zu Männer und Männer zu Frauen macht. Was sie dabei ganz außer Acht lässt, ist aber unsere Geschichte. Die Briefe, welche den Roman einrahmen, relativieren das zwar wieder ein wenig, unterstützen aber meinen Eindruck, dass es sich eben nur um einen unterhaltsamen Weltentwurf der Zukunft und nicht um tiefgründige Literatur handelt.