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elisabethmayer

Posted on 16.2.2020

Es ist der Herbst des Jahres 2019, draußen ist es usselig, wie die Leute hier sagen. Feucht windig, früh dunkel. Doch die österreichische Autorin Barbara Schwarcz beamt mich mit ihrem Romandebüt direkt zurück in einen Sommer Anfang der 70er Jahre. Da war ich ungefähr 7. So alt wie die kleine Protagonistin, die im Roman stets angesprochen wird, weil er in der selten gebrauchten Du-Form verfasst ist. Die Kleine hat Wellensittiche. In dem Alter hatte ich auch einen, der hieß Bibo, weil er so gelb war wie der Vogel aus der Sesamstraße. Damit ich den bei der Erstausstrahlung in Deutschland sehen konnte, hatten mich meine Eltern extra aus dem Bett geholt. Das Mädchen hat gelernt, der Sprache vor allem der Erwachsenen nachzulauschen und die Wörter mit eigenem Sinn zu erfüllen. Das habe ich auch gemacht - und kann mich bis heute an den Grusel erinnern, den das zufällig aufgeschnappte Wort "Leichenschmaus" mir bereitete. Leichen kannte ich, Schmaus auch - aber beides in Kombination? Im Roman spielt ein Baum eine tragende Rolle. In meinem siebenjährigen Leben auch. Denn es gab meinen Freund Jochen, der hatte an der Wand über seinem Bett ein Bild mit einem Baum hängen. Darunter ein Gedicht von Eugen Roth: Zu fällen einen schönen Baum // braucht's eine halbe Stunde kaum. // Zu wachsen, bis man ihn bewundert, // braucht er, bedenk es, ein Jahrhundert. Und das Mädchen hat ein Problem mit dem Sommer, genauer mit den Sommerferien. Das hatte ich auch, weil ich meistens Mitte des Sommers Geburtstag hatte. Feiern war da kaum jemals - alle waren in den Ferien. Ich auch - wenigstens bei den Großeltern. Die Kleine wartet den ganzen Roman darauf, dass die Reise nach Ungarn endlich losgeht. Ihre Freundinnen und Freunde sind unterwegs oder schon wieder zurück mit den Schätzen aus dem Urlaub. Zum richtigen Draußenspielen kommt es deshalb nicht, obwohl das Wetter toll ist - Sommerverschwendung eben. Zum Glück ist die kleine Protagonistin bereits ein Leben in und mit Büchern gewohnt. Eine besondere Liebe verbindet sie deshalb mit Astrid Lindgren. Diese Autorin ist es auch, die den Schmerz rund um den verschwendeten Sommer ein wenig heilt.... Meistens klappt das nicht so richtig mit Romanen in Du-Form. Das ist schnell irgendwie übergriffig. Barbara Schwarcz trifft aber genau den richtigen Ton. Das Kind selbst könnte seine gehaltvollen Gedanken rund um Familie, Sprache und Bücher nicht so zu Herzen gehend ausdrücken. Es hat mir riesig Spaß gemacht, diesen kleinen Roman zu lesen, deshalb bitte ich, die sehr persönlichen Bezüge zu entschuldigen. Ich empfehle das Buch aufs herzlichste den Sommerliebhaber*innen und allen, die in den 70ern Kind waren.

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