Bris Buchstoff
Ofenwärme Kulinarisch gesehen, mag ich das Schlichte. Das Einfache, das Ehrliche. Gerichte, die einfach zuzubereiten sind und dennoch den Gaumen zu kitzeln vermögen. Vielfältige Aromen sind dafür unabdingbar, genauso wie gute Zutaten. Denn nur diese bringen meine Geschmacksknospen so richtig zum blühen und damit zum jubeln. Saisonal und regional müssen sie sein, die Zutaten, und am liebsten ökologisch angebaut, nicht weil es Mode ist, sondern weil es notwendig ist, um unsere Böden zu schützen. Und natürlich nicht nur gesünder für uns sondern auch für den Planeten. Meine Liebe zum Kochen habe ich meiner Großmutter zu verdanken. Wer hier ab und an mitliest und mitbekommen hat, dass mich Claudio del Principes erstes im, AT Verlag erschienene Kochbuch – ja eher Kochtagebuch – wahnsinnig begeistert hat, weiß dass ich einer Familie entstamme, die in einer Linie sehr viel mit Essen, Trinken und Gastlichkeit zu tun hatte. Aber nicht nur die Zubereitung, sondern auch die Produktion der dazu benötigten Lebensmittel war ihr Metier. Mir macht es Spaß, diese Wurzeln nicht verkümmern zu lassen und zumindest viel selbst zu kochen und zu backen. Das kann sogar äußerst meditative Auswirkungen haben, die ich auch bei Claudio del Principes zweitem und gerade erschienenen Kochbuch al forno zu meiner großen Freude wieder entdecken konnte, obwohl es von der Anlage her anders ist, als a casa. Die Gerichte meiner Kindheit haben sich so tief in mein Geschmacksgedächtnis gebrannt, dass ich in Verzückung gerate, wenn ich eine dieser Geschmacksnuancen auf den Punkt treffe, die ich sofort mit den Gerichten und der Küche meiner Großmutter in Verbindung bringe. Dabei steigt vor meinem geistigen Auge das Bild des sogenannten Beistellofens auf, der, obwohl eigentlich eher unscheinbar, eine tragende Rolle in dieser Küche spielte. Befeuert wurde er mit Holz und früh morgens, wenn meine Großmutter aufstand, war das Erste, was sie dort tat, ihn anzuwerfen. Für bestimmte Gerichte nutzte sie ihn ebenso, wie in kalten Zeiten als Heizung und immer stand irgendetwas oben auf, das warm gehalten wurde. So war zumindest immer mein Eindruck. Der Beistellherd und vor allem sein Ofen waren für mich immer etwas besonderes. Claudio del Principe ist passionierter Bäcker – sein lievito madre und die daraus entstehenden Brote, Brötchen, Pizzen sind Legende. Mich hat er dazu animiert, meinen eigenen Sauerteig zu züchten – und obwohl ich über den heißen Sommer ehrlich gesagt kaum Brot gebacken habe, ist der Sauerteig immer noch aktiv und das nächste Brot damit nicht mehr fern. Aber nicht nur Brot zaubert er im Ofen, sondern ganz viele andere wunderbare Speisen ebenso. Die Rezepte dazu finden sich jetzt wie gesagt, in seinem neuen Buch al forno – in von ihm gewohnt charmanter Art präsentiert. Es sind wie in a casa einfache Rezepte, die gute Zutaten, Hingabe und manchmal etwas mehr Zeit brauchen. Aber das sind Zutaten, die immer benötigt werden, will man etwas außergewöhnliches schaffen. Die Beschreibung der Rezepte ist durchgängig wieder wunderbar nachzuvollziehen und auch umzusetzen. Die Texte, die die Rezepte umgeben geben weiteren Einblick in Claudio del Principes Kuchen-Credo, das für mich schon so etwas wie eine Weltanschauung und ungemein wohltuend ist. Weshalb dieses Buch sich Gerichten aus dem Ofen widmet erklärt er am besten selbst: Dem Backofen entströmt einfach immer ein betörender Duft. Ein Versprechen, das Glück, Genuss und Trost verheißt. Im Ofen lässt es sich reduzierter, aber nicht minder raffiniert kochen. Solange mit viel Sorgfalt und Liebe hantiert wird. […] Manchmal gibt es nichts Schöneres, als sich vor den Ofen zu setzen, durchs Fenster zu gucken und die thermische Transformation von Lebensmitteln zu beobachten. Ich mache das tatsächlich. Oft sogar. Sehr faszinierend. Es ist wie in ein flackerndes Lagerfeuer zu schauen. Das könnte ich stundenlang. Auch wenn man einen solchen Ofen nicht besitzt, der zu solchen kontemplativen Betrachtungen einlädt, genießt man doch gerade in der anbrechenden kühleren Jahreszeit gerne an vielfältigen Gerichten aus dem Ofen. Del Principe kann quasi alles in seinem Ofen zaubern. Von Gemüse über Risotto zu Pasta, Fleisch- oder Fischgerichten. Auch süße Speisen fehlen natürlich nicht. Da ist also für jeden etwas dabei. Die Abbildungen animieren zum raschen Nachkochen und lassen schon im Vorfeld das Wasser im Munde zusammenlaufen. Und was soll ich sagen, das erste Gericht, das ich nachgekocht habe ist eine traditionelle Lasagne, die ich schon länger nicht mehr und noch nie so schmackhaft zubereitet hatte. Auch wenn das Kochtagebuch a casa einen ganz besonderen Stellenwert in meiner Sammlung hat, den man ihm nicht mehr streitig machen kann, so rückt al forno auf jeden Fall in die vorderste Reihe meiner Lieblingskochbücher, weil es klassische Rezepte neben neuen (für mich jedenfalls) Kreationen vereint und für mich jetzt schon ein Standardwerk ist. Und gutes Essen bringt Menschen zusammen, so wie ein helles Lagerfeuer es schon seit Urzeiten kann … Vielleicht ist der Ofen so etwas wie die moderne Feuerstelle unserer Ahnen. Vielleicht wärmt uns deshalb allein der Gedanke an ein Ofengericht die Seele. Wenn wir den Ofen einheizen, steigt uns eine sanfte Wärme in die Glieder, beim Essen in den Bauch und von da direkt ins Herz. Ach, so ein Ofen ist eine magische Kiste […] Großartiger, feiner Buch- und Seelenstoff, besser geht es nicht. Mit großem Dank an den Verlag und Claudio del Principe dafür, dass wir weiter an seinen Küchenerlebnissen teilhaben dürfen.