Bris Buchstoff
Bruno in doppelter Mission Unglaubliche neun Jahre ist es her, dass die Leserschaft von Kriminalromanen à la Brunetti & Co – also das Lebensumfeld der Ermittler erfassenden und gesellschaftspolitische Hintergründe bietenden eher unblutigen Plots – in eine der schönsten Ecken Frankreichs entführt wurden und einen gerechtigkeitsliebenden Chef de Police kennen lernen durften, der sie über nun mehr elf Bände hinweg nie enttäuscht hat. So zumindest geht es mir mit Bruno Courrège, der schon mal ein Auge zudrückt, wenn es darum geht, Gerechtigkeit vor Recht ergehen zu lassen. In seinem neuen Fall unterstützt Bruno seine Freundin Pamela tatkräftig bei der Durchführung eines Kochkurses. Als eine der Teilnehmerinnen nicht wie abgesprochen am Bahnhof erscheint, bittet Pamela Bruno, der gerade die von ihm trainierte Rugby-Frauenmannschaft von St. Denis im Endspiel um die regionale Meisterschaft lautstark unterstützt, deren Verbleib aufzuklären. Da Bruno den Sieg der Mannschaft, der die Chancen der jungen talentierten Rugbyspielerin Paulette in die französische Nationalelf aufgenommen zu werden immens steigern wird, auskosten will, kümmert er sich etwas Zeit verzögert, doch wie immer zuverlässig darum, Monika Felder zu finden. Doch wie zu vermuten war, ist Monika Felder nicht mehr unter den Lebenden. Auch ein in der Gegend lebender Ire namens McBride ist tot und die Szenerie sieht verdächtig nach einem Mord aus Leidenschaft mit anschließender Selbsttötung aus. Doch Bruno hat wie immer den richtigen Riecher und strengt Ermittlungen an, die wieder einmal internationale Zusammenarbeit nach sich ziehen. Auch in seinem neuesten Roman um den sympathischen Polizeichef aus dem Périgord bleibt Martin Walker seinem Stil treu. Aktuelle Themen, das Leben in dieser geschichtsträchtigen Gegend, die Gemeinschaft durch die das Leben bereichert wird und nicht zuletzt die Küchengeheimnisse dieses wunderbaren, manchmal verzaubert wirkenden Landstrichs, bilden das Beiwerk zur Aufklärung des Falls, der größere Kreise zieht, als man anfänglich denken mag. Es ist wie bei jedem neuen Band aus der Reihe ein Gefühl der Heimkehr zu guten Freunden. Vieles ist vertraut und der Lesefluss stellt sich von Anfang an zuverlässig ein. Die Struktur ergibt sich aus den Tagesabläufen, die natürlich neben der Ermittlungsarbeit nicht stehen bleiben. Da gilt es sich um den Garten und die Hühner zu kümmern, sich fit zu halten und das Leben an und für sich nicht zu vernachlässigen. Außerdem dient Bruno nun zwei Dienstherren und daraus ergeben sich spannende sowie die französische Verwaltung erklärende Situationen. Wie immer merkt man: Walker weiß genau worüber er schreibt und ist, was Historie und verwaltungstechnische Strukturen seiner Wahlheimat angeht, sattelfest. Längst agiert Bruno nicht mehr nur regional – wie bereits in anderen Fällen wird die internationale Kooperation groß geschrieben. Das ist spannend und lehrreich gleichermaßen ohne oberlehrerhaft zu sein. Das erstaunlichste allerdings ist, für mich zumindest, dass ein Autor, der als politischer Journalist über Jahrzehnte hinweg internationale Geschehnisse begleitet und dabei die Mächtigen der Welt kennen lernte, das Augenmerk so genau auf das legen kann, was das Leben eigentlich ausmacht: schlichte Schönheit, wahre Gemeinschaft und das in einem regionalen, stark verwurzelten Rahmen. Laut eigener Aussage in einer sehr sehenswerten Dokumentation wurde er vor allem zum Schriftsteller, weil er über das Perigord und die Perigourdains schreiben wollte. Seine Liebe zu Land und Leuten zeigt sich in jedem seiner Romane deutlicher und weckt das Verlangen danach, endlich einmal (wieder) in diesem traumhaft schönen Stück Frankreich verweilen zu dürfen. Wie immer im Bezug auf die Bruno Courrèges Reihe: heiße Leseempfehlung mit der Warnung vor unvermeidlichem Fernweh.