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Maike Bücheler

Posted on 15.2.2020

Mira ist sechzehn und lebt mit ihrer kleinen Schwester Hannah und ihrer Mutter im Warschauer Ghetto. Es ist 1943 und um zu überleben, schmuggelt sie Lebensmittel, was ihrem Freund Daniel nicht sonderlich gefällt. Als die Deutschen die „Aktion“ starten und damit beginnen, die gesamte Ghettobevölkerung umzubringen, greift Mira zu drastischen Mitteln und schließt sich dem Widerstand an. David Safier ist vor allem für seine humoristischen Bücher wie "Mieses Karma" oder "Jesus liebt mich" bekannt. Mit "28 Tage lang" wendet er sich jedoch der wohl düstersten Periode der Geschichte zu und verwandelt diese in einen Roman, der sowohl Jugendlichen als auch Erwachsenen gefallen kann. Während dem Lesen kam ich nicht umhin immer wieder zu denken, wie gut dieses Buch sich als Schullektüre eignen würde – jedoch frühestens in der zehnten Klasse. Denn an grausamen Details wird nicht gespart. Ich will mir nicht anmaßen zu wissen, wie wirklichkeitsnah oder -fern David Safier das Leben im Ghetto darstellt und vermute, dass es noch viel grausamer war als er beschreibt. Ich kenne mich mit diesem Thema wirklich nicht aus und will auch gar nicht so viel dazu sagen. Nur: Im Buch wird es ab etwa der Hälfte ziemlich plötzlich ziemlich übel. Ich hatte schon kaum noch damit gerechnet und war ziemlich überrascht. Aber es ist auch insgesamt definitiv kein Buch, dass sich leicht liest. Dabei hat es mich an keiner Stelle tatsächlich zu Tränen gerührt. Egal wer starb oder welche Grausamkeiten auch geschahen, geweint habe ich nie. Aber schwer geschluckt, das schon. Das Buch für ein paar Stunden – oder gar Tage – zur Seite gelegt, weil ich es nicht mehr ausgehalten hätte noch mehr zu lesen, das auch. Aber geweint habe ich nicht. Die Figuren im Buch sind fast alle toll gelungen. Angefangen bei Hannah, die man sofort ans Herz schließt, ganz egal wie zickig und frühpubertär sie sich verhält. Über Daniel, der so herzensgut ist, dass man selbst sofort ein schlechtes Gewissen bekommt. Hin zu Mira, mit ihren Ecken und Kanten, ihren falschen Entscheidungen, ihrem Willen zu Überleben und: ihrer Liebe zu Büchern. Der Einzige, den ich nicht in diese Aufzählung mit einschließen kann, ist Amos. Amos ist ein Junge, der Mira eines Tages das Leben rettet – nicht ohne romantische Spannungen – und dem sie später beim Widerstand erneut begegnet. Er wird eine große Rolle in ihrem Leben spielen, aber leider fällt mir nicht ein einziges Jugendbuchklischee ein, dass er nicht erfüllt: er ist außerordentlich gutaussehend, selbstbewusst, weiß, dass alle Mädchen ihm zu Füßen liegen, nutzt das aus, ist der perfekte Bad Boy, hat aber ein dunkles Geheimnis in seiner Vergangenheit, dass er, wie sollte es auch sonst sein, nur Mira anvertraut. Und noch eine Sache: Nur 30 Seiten zwischen: „Wer immer dich liebt, tut mir leid“ und „Wir küssten uns“ (lose Zitate)? Wirklich? Zurück zum Positiven und meinem absoluten Lieblingsteil an dem Buch: die Welt der 777 Inseln. Miras Schwester Hannah erzählt nämlich für ihr Leben gern Geschichten und eines Tages erfindet sie die der 777 Inseln, in der die Auserwählte mit Hilfe von drei magischen Spiegeln den bösen Spiegelmeister besiegen muss. Immer wieder tauchen die Erzählungen aus dieser Welt in 28 Tage lang auf, schnell sieht man die mal mehr, mal weniger versteckten Parallelen zu Miras tatsächlichem Leben und ich persönlich finde, dass diese märchenhaften, fantastischen Unterbrechungen dem Buch das besondere Etwas geben – und dem Leser etwas Zeit, einmal durchzuatmen. Schlussendlich fällt es mir schwer, ein eindeutiges Fazit zu ziehen. Ich fand die Geschichte großteils sehr vorhersehbar (bis auf den plötzlichen Umschwung in der Mitte. Darauf war ich beim besten Willen nicht vorbereitet), mochte allerdings die Charaktere sehr gern. Dummerweise musste ich mich durch das letzte Drittel des Buches einfach nur noch durchquälen und wenn ich, die eigentlich Happy Ends liebt, einem Buch einmal wünsche, das es schlecht ausgeht, dann stimmt wohl etwas nicht. Allerdings muss ich auch eingestehen, dass ich verstehe, warum es genau so enden musste, auch wenn es mir auf die Nerven ging. 28 Tage lang war ein gutes, ein (aus Ermangelung eines besseren Wortes:) krasses und grausames Buch, das mein Bücherregal sehr gut ergänzt. Das Thema passt meiner Meinung nach sehr gut zu einer Schullektüre, während die Geschichte (und der Schreibstil) darum herum es den Schülern – und auch jedem anderen Leser – leichter macht, einen Zugang dazu zu finden. Ich persönlich war zwar von der zweiten Hälfte des Buches enttäuscht, nehme aber trotzdem viel daraus mit und bin froh, es gelesen zu haben.

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