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Maike Bücheler

Posted on 15.2.2020

A wacht jeden Morgen in einem neuen Körper auf, schon seit er Denken kann. Nicht mit Absicht, aber so ist es. Also lebt er jeden Tag das Leben eines Anderen, so gut er eben kann und versucht keinen Schaden anzurichten. Bloß nicht aus dem Normalen auszubrechen. Bis er an einem Tag Rhiannon kennenlernt und sich unsterblich in sie verliebt. Von da an versucht er alles, sie so oft wie möglich zu sehen. Was die Körper, in denen er steckt, manchmal ganz schön in Schwierigkeiten bringt. Und auch ihn, möglicherweise. So viel Potential! Die Bedrohung, das Verliebtsein, die unvorhersehbare Zukunft von A, der Einblick in so viele verschiedene Lebensstile. Das Buch hätte so gut sein können. Hätte. Aber fangen wir von vorne an. Der Schreibstil in diesem Buch kam mir sehr bildhaft vor, voller Emotion, manchmal mit etwas zu viel Emotion und vor allem mit zu viel Pathos. Viele Sätze haben das Potential, irgendwann als Kalendersprüche zu enden. Manchmal fand ich das gut, manchmal brachte es mich nur dazu mit den Augen zu rollen. Ist das schön? Ja. Die ersten paar Mal. Aber irgendwann wurde es mir einfach zu viel. Das sieht man auch deutlich an der Verteilung meiner Post-Its im Buch: Auf den ersten 100 Seiten sind es 11. Auf den letzten Hundert sind es 3. Was nicht heißen soll, dass ich den Schreibstil ganz furchtbar fand, überhaupt nicht. Er konnte mich auch zum Lachen bringen und schlussendlich auch zu Tränen rühren. Aber er ist wohl nichts für jedermann und schlussendlich eben auch einfach nichts für mich gewesen. Der Schreibstil steht hier ungewöhnlicherweise ganz oben in meiner Rezension. Warum? Weil weder Storyline noch Charaktere sich diesen Platz verdient hätten. Fangen wir mit A an. A ist rein theoretisch weder Junge noch Mädchen, aber da im Klappentext „er“ steht, halte ich mich jetzt einfach mal daran. Am Anfang fand ich ihn klasse. Er hatte sich super an seinen Lebensstil angepasst. Er ist rücksichtsvoll, akzeptiert alles und Jeden, sieht Kleinigkeiten, die andere nicht sehen. Er liest viel und gern (meiner Meinung nach immer ein Plus), zitiert Shakespeare und Dickinson. Er erinnert mich als Leser daran, wie wertvoll das Leben ist. Und dann kommt Rhiannon. Für sie verwirft er alle Regeln, nach denen er bisher gelebt hat, handelt gegen seine Prinzipien und wird zu einem Charakter, der vielleicht realistischer ist, weil er auf einmal Fehler hat, aber für mich hatte er irgendwann zu viele Fehler. Immer wieder ist der alte A noch einmal aufgetaucht, für eine kurze Lektion zu Selbstbewusstsein, Drogenabhängigkeit, Homosexualität. Aber geblieben ist er nie lange. Dann ist da Rhiannon. Das scheinbar perfekte Mädchen, mit dem ich mich als Leserin wohl identifizieren können sollte. Und ja, streckenweise ging das. Ihre Unsicherheit, ihr Wunsch anders zu sein, sich aber nicht zu trauen, die Art, wie sie sich selbst belügt und an etwas festhält, nur weil sie Angst hat es loszulassen – nicht, weil sie es tatsächlich braucht. Das sind alles Dinge, die ich kenne. Die mit 16 auch zu meinem Alltag gehört haben. Was Rhiannon mir voraus hat, ist ihre Fähigkeit Entscheidungen zu treffen. Und zwar nicht einmal unbedingt die, die ich im ersten Moment erwartet hätte. Und ja, das ist etwas Gutes. Ich mochte Rhiannon. Deswegen hätte ich sie eigentlich gerne ein wenig mehr kennengelernt, mehr ins Herz geschlossen. Denn obwohl A so viel Zeit mit ihr verbringt, sie so gut kennenlernt, habe ich am Ende doch das Gefühl, als wäre sie nur zweidimensional, nur eine Skizze und kein fertiger Charakter. Leider. Schlussendlich jetzt also noch zur Storyline. Besonders hier hatte ich so viel Potential gesehen! Dadurch, dass A jeden Morgen in einem neuen Körper aufwacht, von dem er vorher nichts weiß, ist die Geschichte unvorhersehbar – ich kann mich also einmal tatsächlich nicht beschweren, dass viel zu offensichtlich war, was als Nächstes passiert. Das Problem allerdings war, dass die Storyline mir sehr einseitig vorkam – was Schade ist, denn sie hätte es nicht sein müssen. Es geht immer nur um Rhiannon. Rhiannon, Rhiannon, Rhiannon. Bis auf gegen Ende, da gibt es eine kurze Episode, in der es um etwas anderes geht. Ein Anflug von Abwechslung, von Spannung, den man so leicht über das ganze Buch ausbreiten hätte können, ihm mehr Tiefe geben können. Ein Ziel, auf das man tatsächlich hinliest. Aber leider bleibt es bei ein, zwei Kapiteln und einigen Randbemerkungen. Ich stelle gerade fest, dass diese Rezension weitaus negativer klingt als beabsichtigt. Ja, es gab einiges, dass mir an "Letztendlich sind wir dem Universum egal" nicht gefallen hat, aber es war jetzt auch kein schlechtes Buch. Das Problem ist nur, dass ich seine guten Eigenschaften nicht genau benennen kann. Aber da war trotz allem immer etwas, das mich dazu brachte weiterzulesen. Nicht eine Sekunde lang habe ich darüber nachgedacht das Buch abzubrechen. Schlussendlich hat mich "Letztendlich sind wir dem Universum egal" enttäuscht, aber das lag, glaube ich, vor allem an meinen hohen Erwartungen. Am Ende konnte es mich schließlich doch berühren und ich denke, dass es jüngeren Lesern einiges zeigen kann. Ich hatte vielleicht einfach nur etwas Anderes erwartet.

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