Maike Bücheler
*Rezensionsexemplar* Kim muss mit ihrer Klasse zu einer total öden Lesung – öde, bis Kim merkt: was die Autorin da liest, das ist ja meine Geschichte! Und zwar gruselig detailliert und übereinstimmend – bis hin zur Wortwahl der Gedanken. Alles, was die Autorin liest, scheint wahr zu werden. Gilt das auch für den Schluss: den Tod ihres Klassenkameraden Jasper? Kim und ihre beste Freundin Petrowna wollen das um jeden Preis verhindern. Also erst einmal muss ich hier anmerken, wie cool ich das Cover von diesem Buch finde: Durch die spiegelnde Oberfläche, in der man sich verschwommen selbst erkennt, wird der Titel des Buches schon beim in die Hand Nehmen zur Wirklichkeit: Und du kommst auch drin vor. Anders, kreativ und witzig – so sollten mehr Buchcover sein, finde ich. Es hat aber auch noch andere Stärken. Die Grundidee an sich zum Beispiel. Jede Leseratte kennt das Gefühl sich in einem Buch wiederzuerkennen. Und das mit Kim einmal so richtig auf die Spitze getrieben zu sehen, hat zwischenzeitlich wirklich Spaß gemacht. Dummerweise hat mir sonst nicht wirklich viel an Kim Spaß gemacht. Oder eher auch gar nichts. Ich konnte sie nicht leiden. Sie ist nicht sonderlich klug, spricht und verhält sich so, dass ich mich als Leserin dafür geschämt habe und sie hasst Lesen. Klar ist das mal was Neues und ein interessantes Experiment. Resultat: ich konnte sie nicht leiden. Ich weiß, es ist naiv und beschränkt von mir zu glauben, solche Klassen wie Kims gäbe es nicht, in denen sich wirklich keiner für irgendwas auch nur die Bohne interessiert und nicht ein Einziger jemals zugeben würde ein Buch auch nur angefasst zu haben. Mit Sicherheit gibt es sogar viele Jugendliche wie Kim, die noch nie in einer Buchhandlung gewesen sind, weil das „uncool“ ist oder was weiß ich (ich meine hier ganz deutlich NICHT die, die diese Möglichkeiten nicht haben, die für uns so selbstverständlich sind. Nur falls das unklar war). Aber kann ich mich mit so jemandem identifizieren? Nein. Hat es mir Spaß gemacht in so jemanden hineinzublicken? Absolut nicht. Tut mir Leid. Das hat mich jedoch nicht davon abgehalten andere Charaktere des Buches gut zu finden. Zumindest zu einem gewissen Grad. Da ist als allererstes Kims beste Freundin Petrowna, die vermutlich klüger ist als der Rest ihrer Klasse zusammen, die liest und sogar – oh mein Gott – Pläne für ihre Zukunft hat. Dummerweise wagt sie es nicht das gegenüber jemand anderem als Kim zu zeigen. Und da ist Jasper, der zwar im Vergleich zu den anderen Figuren farblos blieb – aber genau das gefiel mir an ihm. Er war nicht so übertrieben und auf die Spitze getrieben und damit der einzige Charakter, der mir tatsächlich real vorkam. Dann ist da noch die Schriftstellerin Leah, die ich am Anfang einfach nur gehasst habe. Ich habe mich gefragt, wie eine Autorin eine solche Figur als Repräsentantin für ihre Zunft erschaffen kann, denn schlimmer geht es kaum. Leah ist ein laufendes negatives Klischee. Graue Maus, Emo-Haarschnitt, schüchtern, unorganisiert, vollkommen menschenscheu und dazu auch noch immer schlecht gelaunt. Doch nachdem ich ein bisschen Zeit mit ihr verbringen konnte, fand ich das eigentlich ganz witzig. So konnte mich das Buch immer mal wieder zum Lachen bringe. Einige Aussagen waren frisch und ehrlich und brachten für kurze Zeit immer mal wieder Schwung in die sehr vorhersehbare Geschichte (bis auf den kurzen Zeitraum in dem ich noch gehofft hatte, sie würde gut werden und eine wortwörtlich fantastischen Wendepunkt bekommen. Spoileralert: der kommt nicht). Außerdem gab es auch ein paar Stellen, in denen Kim trotz ihrer Bücherallergie Dinge sagt, in denen ich mich als Leseratte wiedererkennen konnte. Was eine gewisse Ironie an sich hatte und mich dann wieder zum Lachen bringen konnte. Schlussendlich aber musste ich mich durch das Buch quälen. Nicht unschuldig daran war neben den übertriebenen Charakteren und der 08/15-Storyline auch der Schreibstil mit den eher kurzen Sätzen oder Aneinanderreihungen von Hauptsätzen, die immer klangen, als wäre die Erzählerin entweder in Eile, genervt oder teilweise einfach nur unfähig (Entschuldigung) einen schönen zusammenhängenden Text zu schreiben. Bitte beachtet, dass ich hier von der Erzählerin und nicht der Autorin spreche, da ich einfach mal davon ausgehe, dass dieser Schreibstil das Resultat einer bewussten Überlegung war und ja auch theoretisch gut zu der Protagonistin gepasst hat. Nur konnte ich die eben auch nicht leiden. Insgesamt hat mich das Buch an die wenigen Schullektüren erinnert, die ich gehasst habe. Es kam mir vor wie ein Buch, dass die Lehrer auswählen, weil sie glauben damit voll am Puls der Zeit zu sein und den Schülern einen Gefallen zu tun – und eigentlich genau das Gegenteil machen. Lasst uns lieber Bücher lesen, in denen die Figuren noch Worte wie „Knorke“ benutzen – die kaufen wir euch wenigstens ab.