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Maike Bücheler

Posted on 15.2.2020

Eigentlich hat die 16-jährige Lene so überhaupt gar keine Lust auf dieses Projekt: ein Wochenende in der Wildnis, ohne warmes Bett oder eine warme Dusche. Aber ihrer besten Freundin Pia kann sie nun mal nichts abschlagen, also trägt sie sich ein und wird prompt genommen. Doch anstatt mit Pia – oder ihrem Schwarm Tobias – kommt sie mit Ferdinand Pauls in eine Mannschaft und den kann sie doch eigentlich so gar nicht ausstehen… Ich weiß bei diesem Buch gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich war so kurz davor es abzubrechen. Normalerweise breche ich ein Buch ab, wenn mich die Geschichte einfach nicht packen kann, doch dieses Buch war einfach so furchtbar, dass ich manchmal dachte, ich würde es keine Seite länger mehr aushalten. Schlussendlich habe ich es doch zu Ende gelesen und muss sagen, es wurde in der zweiten Hälfte tatsächlich noch ein bisschen besser, aber trotzdem muss ich sagen: Ich habe selten ein so schlechtes Buch gelesen. Lasst mich erklären. Fangen wir bei der Protagonistin Lene an. Lene soll wahrscheinlich ein Vorbild sein für die Mädchen, die das Buch lesen. Selbstbewusst, ehrlich, frech. Sie hat einfach eine sehr spitze Zunge und sagt was sie denkt – ohne darüber nachzudenken. Eigentlich mag ich solche Charaktere, doch Lene ist nicht einfach nur vorlaut, sie ist ignorant und sie verspritzt Gift wie eine wütende Kobra. Was sie sagt ist meistens nicht witzig, sondern verletzend und das ist definitiv kein gutes Vorbild und schon gar kein Charakter, aus dessen Sicht ich ein Buch lesen möchte. Und die anderen Charaktere sind auch nicht besser. Es gibt nicht einen, für den man nicht einfach ganz tief in die Klischeekiste gegriffen hätte (mal abgesehen von Lenes Freundin Bea vielleicht, die aber ziemlich schnell nach Amerika verschwindet). Vom altmodischen Lateinlehrer, zur halbamerikanischen Klassenzicke, dem heißen Typen mit der traurigen Vergangenheit, der sich verhält wie ein Arschloch, den man aber trotzdem zu mögen hat, zum netten Jungen von nebenan und der männerfressenden besten Freundin. Äh, hallo? Originell geht anders, ne? Was mir außerdem besonders sauer aufgestoßen ist, war die Art und Weise, wie die Mädchen in diesem Buch über die Jungs sprechen. Ständig beschweren wir uns, wir Mädchen würden nur angeschaut und betrachtet wie ein Stück Fleisch auf dem Markt und ständig auf unser Äußeres reduziert und danach bewertet. Darüber beschweren sich die Mädels in Mondscheinküsse halten länger auch mehr als einmal. Und doch tun sie selbst genau das selbe, mit ihrer offiziellen Liste der heißesten Typen der Schule – die Teilweise nicht einmal Namen bekommen sondern nur Nummer 1 bis 5 heißen. Welchen Eindruck macht das bitte auf jüngere Leserinnen? Noch mal zum Mitschreiben: DAS. IST. NICHT. IN. ORDNUNG! Selbst über den Schreibstil kann ich kaum ein gutes Wort finden. Er liest sich leicht – das war es aber schon. Gefühle transportieren? Spannung? Eh, knapp verfehlt. Auch die Formulierungen sind voller Klischees und ausgelutschter Metaphern und Vergleiche. Und wie die Charaktere teilweise reden! Lasst mich euch ein Beispiel geben: wir lernen einen von Lenes Lehrern kennen, er wird vorgestellt als jung, dynamisch und charismatisch, einer von den Lehrern, der dafür sorgt, dass selbst Geschichtsbanausen Geschichte plötzlich als ihr Lieblingsfach bezeichnen und so ziemlich das erste, was er sagt, ist folgendes: „Fräulein Stengler, bitte. Ich versuche hier gerade, lernunwilligen Halbwüchsigen die Wirren der Französischen Revolution näherzubringen. Wenn sie mich freundlicherweise dabei unterstützen würden. Ich denke, das hat ein bisschen mehr Aufmerksamkeit verdient.“ (Seite 48) Das sagt vielleicht der alte Lateinlehrer, von dem ich vorher gesprochen habe, aber doch nicht der Typ, der uns gerade beschrieben wurde? Dann ist da noch die Handlung. Ebenso klischeegetränkt wie alles andere und vom Klappentext bis zum letzten Satz hin vorhersehbar. Ich habe trotzdem weitergelesen, weil ich die Hoffnung einfach nicht aufgeben wollte, dass mich das Buch ja vielleicht doch überrascht und es anders ausgeht. Spoiler-Alert: Tut es nicht. Aber wenigstens wurde das Buch in der zweiten Hälfte besser, Lene wurde etwas erträglicher und ihre Entscheidungen und Gefühle wurden wenigstens erklärt und begründet und uns nicht nur einfach als Resultat vorgesetzt. Diese zweite Hälfte des Buches war fast schon gut. Naja, fast. Fast in einem weiten Sinne. Zwischendrin habe ich ehrlich überlegt, ob ich nicht langsam doch zu alt für Jugendbücher werde. Aber es gibt so viele, die ich immer noch so gern lese! Es muss also an diesem Buch gelegen haben. Immer wieder habe ich es wütend aus der Hand gelegt, oder für ein paar Sekunden sinken lassen, ehe ich weiterlesen konnte. Lene stolpert dank ihres vorlauten Mundwerks von einem Fettnäpfchen ins nächste und sie sind alle für den Leser so vorhersehbar, könnten so leicht vermieden werden. Natürlich ist das repräsentativ für den Eindruck, den Teenager von ihrem eigenen Leben haben: von einer peinlichen Situation in die nächste (Ich habe mir sagen lassen, dieser Eindruck schwindet mit dem Alter. Persönlich bestätigen kann ich das allerdings nicht.). Aber es ist für mich als Leser einfach furchtbar anstrengend mich ständig so fremdzuschämen, nur weil die Protagonistin scheinbar nicht in der Lage ist nachzudenken. Ich habe fast ein schlechtes Gewissen, wenn ich so über ein Buch spreche. Aber ich konnte, besonders auf den ersten 150 Seiten, einfach nichts gutes daran finden. Moment, doch! Die Aufmachung ist toll, mit kleinen Illustrationen und Zitaten an jedem Kapitelanfang. Das hat mir wirklich gut gefallen. Schade, dass die Geschichte nicht mithalten konnte.

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