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Maike Bücheler

Posted on 15.2.2020

*Rezensionsexemplar* Antonias Schwester ist tot. Gestorben bei einem Autounfall, zusammen mit dem geheimnisvollen Musiker Max. Mit dessen Bruder Theo macht sich Antonia auf die Suche nach dem Leben ihrer Schwester – dem sie sich so fern gefühlt hat. Dabei entdeckt sie nicht nur viele ihrer Geheimnisse, sondern irgendwie auch sich selbst. Ich habe das Gefühl, es gibt mittlerweile eine ganze Menge Bücher, in denen ein junges Mädchen sich auf die Suche nach den Spuren eines toten Verwandten macht – „My Dead Sister’s Love Story“ folgt zwar diesem Schema auch, doch zu keinem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, etwas zu lesen, was ich schon kannte. Im Gegenteil. Es war neu und berührend und ich bin nur so durch die Seiten geflogen. Und das lag vor allem an Leas fantastischem Schreibstil. Mit einfachen Wörtern spricht sie Wahrheiten an und aus, die ich nie so schön formulieren könnte und damit konnte sie mich immer wieder berühren. Besonders beeindruckt hat mich außerdem, wie leicht die Übergänge zwischen Antonias Gedanken und dem „Plot“ der Geschichte waren, flüssig, natürlich, immer in perfekten Zusammenhang. Niemals willkürlich, plötzlich oder gezwungen. Auch deshalb konnte ich das Buch nicht aus der Hand legen – ein Satz, eine Szene, ein Kapitel fließt in das nächsten, wie ein Fluss auf dem man sich treiben lassen kann. Gewöhnungsbedürftig war für mich lediglich die Tatsache, dass das Buch in der Gegenwart erzählt wird – was ich nicht von vielen Büchern kenne. Manchmal hat mich das tatsächlich ein wenig aus der Geschichte gerissen, wenn ich über Verben gestolpert bin, weil sie nicht in der Zeitform waren, die ich eigentlich erwartet hätte, doch an vielen anderen Stellen hat es dazu beigetragen, dass ich mich Antonia und Theo besonders nah fühlen konnte. Antonia und Theo waren dabei für mich fantastische Protagonisten, mit denen ich mich identifizieren konnte, mit denen ich leiden konnte, mit denen ich mitgefiebert habe. Besonders der überraschend tiefgründige Theo hat es mir angetan, wie ich zugeben muss. Aber auch Antonia, aus deren Sicht wir die Geschichte ja erleben, war ein schöner Charakter. In ihrer einfachen Sprache spürt man ihren Schmerz und das Loch, das ihre Schwester in ihrem Leben hinterlassen hat und man hofft und wartet einfach nur darauf, dass sie lernt damit zu umzugehen. Ich muss zugeben an manchen Stellen war die Geschichte vorhersehbar, die Handlung klischeehaft. Aber dabei war sie doch immer irgendwie neu und echt und es hat sich für mich einfach immer richtig angefühlt, nie gezwungen. Ich weiß nicht, wie es ist eine Schwester zu verlieren, kann es mir nur schwer vorstellen, weil ich nun mal ein Einzelkind bin. Keine Ahnung, ob man da den Impuls hat, mehr über sie herausfinden zu wollen, so wie Antonia, vor allem – oder gerade wenn? – man sich nicht so nah stand. Ob man, wie Antonia, dafür in die Schuhe der Schwester schlüpfen möchte, ein wenig ihr Leben leben möchte – aber bei Antonia hat sich es einfach richtig angefühlt. Nicht klug, gesund, rational oder logisch, aber echt. Als wäre das wirklich ihre einzige Möglichkeit, ihre einzige Chance. Und genau wie sie stellt man es als Leser nicht in Frage. Denn dafür hat man sie viel zu gern. Ich wusste nicht, was ich von dem Buch erwarten sollte. Es klang toll, ich durfte Lea bei der Buchmesse als tolle Person kennenlernen – das hat mich neugierig auf die Geschichte gemacht. Und ich bin nicht enttäuscht worden. „My Dead Sister’s Love Story“ ist eine kurzweilige Lektüre, die ich nicht aus der Hand legen konnte, über verletzliche Protagonisten, mit denen ich mitfühlen konnte und einem Schreibstil, bei dem ich manchmal am liebsten ganze Seiten als Zitate herausgeschrieben hätte.

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