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Maike Bücheler

Posted on 15.2.2020

Kat hat ihr altes Leben und den Familienbetrieb hinter sich gelassen und sich ein neues, normales Leben auf dem Colgan-Internat erschlichen. Dachte sie. Doch dann wird sie auf einen Schlag zurück in ihre Welt gezogen: die Welt der Diebe. Arturo Taccona, ein Mafiaboss der üblen Sorte, hat es auf ihren Vater abgesehen – es sei denn, Kat kann ihm seine gestohlenen Bilder wieder besorgen. Gemeinsam mit einer handvoll Freunden hat sie zwei Wochen Zeit den größten Coup aller Zeiten zu schaffen. Dieses Buch habe ich jetzt schon mindestens drei Mal gelesen. Und trotzdem bin ich jedes Mal wieder überrascht, wie gut es tatsächlich ist. Denn ich finde es einfach großartig: von der Story, über die Charaktere hin zum Schreibstil. Und ja, ich bin auch ein bisschen verknallt in den guten Hale. Kat ist sechzehn Jahre alt und war in ihrem Leben schon bei vielen großen Coups dabei: sie hat mit ihren Eltern den Louvre bestohlen und die österreichischen Kronjuwelen geklaut. Sie besitzt ein Fabergé-Ei, und obwohl sie zwar russische Wurzeln hat, hat sie das nicht von alten Romanows geerbt. Ihre Mutter starb als sie noch klein war, doch ihr Vater und besonders ihr (Groß-)Onkel Eddie sind nach wie vor wahre Größen in ihrem Gewerbe. Kat ist schlagfertig, mutig, und doch hat sie immer wieder auch mal Angst oder weiß nicht, was sie sagen soll. Sie ist die wohl begabteste Diebin ihrer Generation, will damit aber eigentlich nichts mehr zu tun haben. Und wenn dann auch noch Jungs ins Spiel kommen, dann ist sie irgendwie doch vollkommen überfordert. Kat hat Fehler – und deswegen wirkt sie real. Als könnte ich ihr bei meinem nächsten Besuch im Louvre begegnen und mit ihr quatschen. Ich glaube, wir würden uns gut verstehen. Neben Kat ist da noch der bereits erwähnte Hale. W.W. Hale der Fünfte, jüngster Spross einer der reichsten Familien der Welt, der seine teuren Gemälde aber doch lieber stiehlt als kauft. Und der nie müde wird mit Kat zu flirten und sie zu unterstützen, der aber auch seine eigenen Geheimnisse hat – und dazu gehört nicht nur sein Vorname. Auf der einen Seite ist er der klassische YA-Love-Interest: reich, gutaussehend, selbstbewusst. Aber er ist so viel mehr als das: fürsorglich, gebrochen, verantwortungsbewusst. Und wenn er ehrlich wäre, dann will er vor allem eins: zur Familie gehören. Zu Kats Familie, zu der neben ihrem Vater und Onkel Eddie auch noch ihre Cousine Gabrielle gehört. Gabrielle ist zwar nur neun Monate älter als Kat, aber irgendwie so viel mehr als sie: mehr Selbstbewusstsein, mehr Bein, mehr Oberweite, mehr Jungs, die sie um die Finger gewickelt hat. Eigentlich kann Kat sie nicht leiden, doch während sie Gabrielle langsam besser kennen lernt, beginnt sie ihr zu vertrauen und muss erkennen, dass sie ihr Urteil über ihre Cousine vielleicht zu schnell gefällt hatte. Und dann sind da noch die Bagshaws: die Brüder Angus und Hamish, rot-blondes Haar und im Grunde wiedergeborene Weasly-Zwillinge. Frech, einfallsreich und die besten Streiche-Spieler der Welt. Wenn man für einen Coup eine Ablenkung braucht, dann sind die beiden sicher die beste Wahl. Nur von Nonnen sollten sie sich in Zukunft fernhalten. Zu Kats Crew gehört auch Simon, ein unscheinbarer Junge, der typische Nerd – und einer der klügsten Köpfe der Welt. Ein Technik-Genie, der eigentlich keinen Grund hat sein Licht unter den Scheffel zu stellen und das auch genau weiß – und der trotzdem immer freundlich ist, auf dem Boden, niemals abgehoben. Ich erinnere mich daran, dass ich ihn beim ersten Mal lesen sogar fast noch süßer fand als Hale, obwohl er überhaupt nicht als Love-Interest aufgebaut ist. Und später stößt dann auch noch Nick dazu, der Neue. Nick, den Kat von der Straße aufgelesen hat, nachdem er ihr Portmonnaie geklaut hat. Nick, der Kat immer und immer wieder in Verlegenheit bringt, weil er immer wieder offen mit ihr flirtet – auch vor den anderen. Und sie ehrlich gesagt keine Ahnung hat, wie sie darauf reagieren soll. Ich weiß das war jetzt sehr ausführlich zu den Charakteren, aber diese hier haben es einfach verdient. Sie machen die Geschichte, tragen sie und am Ende des Buches sind sie zu wahren Freunden geworden. Meinen Freunden. Ally Carter zieht mich komplett in ihre Welt hinein. Eine Welt, die zwar nicht im geringsten magisch ist, aber ich muss doch den Vergleich mit Harry Potter noch einmal heranziehen. Die Welt der Diebe ist wie die Welt der Zauberer eine Welt innerhalb der unseren, verborgen vor unseren Augen, mit ihren eigenen Gesetzen und ihrer eigenen Geschichte. Mit Kat gemeinsam entdecken wir diese Welt und am Ende wünsche ich mir jedes Mal, dass mir jemand beibringt wie man Schlösser knackt und Geldbeutel stiehlt. An dieser Stelle auch ein großes Lob an die Übersetzerin Alice Jakubeit. Das Buch macht so viel Spaß, ich liebe jeden Satz davon und habe sogar ein bisschen Angst, das Original zu lesen. Was, wenn ich es nicht so gut finde, wie die deutsche Version? Wer selbst schreibt, ist sicher schon mal dem Rat begegnet: nimm Klischees und drehe sie ins Gegenteil. Ich habe nie so ganz verstanden, was damit gemeint ist, aber Ally Carter gibt uns in "Meisterklasse" das perfekte Beispiel an die Hand. Nicht nur die Geschichte selbst, die man nicht im geringsten voraussehen kann, sondern auch der Schreibstil, jeder Satz kann mich immer wieder aufs Neue überraschen. Und deswegen macht das Buch auch beim dritten Mal lesen noch immer genau so viel Spaß wie beim ersten Mal, wenn nicht sogar mehr. Man glaubt, man weiß, was als nächstes kommt, doch dann liest man den nächsten Satz und es war etwas ganz anderes. Und trotzdem ergibt es Sinn und folgt einem roten Faden. Es fällt schwer, das Buch aus der Hand zu legen, weil man so viel Lust auf den nächsten Satz hat. Wie ihr vielleicht gemerkt habt: ich liebe dieses Buch. Manchmal vergesse ich das und umso mehr Spaß macht es mir dann, es wieder zu entdecken. Ich kann es euch wirklich nur wärmstens ans Herz legen: es ist spannend, macht Spaß, bringt einen zum Lachen und zum Mitfiebern und heiße Typen gibt’s auch noch. Was will man mehr? Die Übersetzung des dritten Teils auf Deutsch vielleicht. Denn ja, Meisterklasse ist der erste Teil einer Trilogie. Der zweite Teil, Meisterdiebin, ist längst auch erschienen, wenn auch „nur“ als Hardcover. Aber auf den dritten Band warte ich noch immer vergeblich und so langsam gebe ich die Hoffnung auf. Vielleicht besorge ich mir die Reihe demnächst auf Englisch. Aber keine Angst, man kann Teil 1 (und Teil 2) auch unabhängig davon sehr gut lesen. Keine all zu schlimmen Cliffhanger. Man will nur einfach noch mehr Zeit mit diesen tollen Figuren verbringen.

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