Maike Bücheler
Aenlin Kane will eigentlich nur ihr Erbe beanspruchen: eine geheimnisvolle Kiste, die ihr berühmter Vater in Hamburg für sie hinterlassen hat. Doch schon bald werden sie und ihre Freundin Tahmina mitten hinein gezogen in die Wirrungen des dreißigjährigen Krieges – und den übernatürlichen Tumult, der damit einhergeht. Auf ihrer Reise durch das Heilige Römische Reich werden sie begleitet von einer Truppe Landsknechte, die mehr als nur eine Überraschung bergen. Ich gehöre leider zu jenen, die noch nie von Solomon Kane gehört hatten, als Markus Heitz von diesem neuen Projekt erzählt hat. Das hat mich aber nicht daran gehindert die Idee sofort großartig zu finden und das Buch lesen zu wollen. Fantasy mit historischem Background – für mich Geschichtsfan kann es ja eigentlich nichts besseres geben. Und dass Aenlin von Anfang an wie ein super Bad-Ass klang, hat vermutlich auch geholfen. In typischer Heitz-Manier wird man auch ziemlich schnell in die Handlung hineingeworfen, Spannung und Action lassen nicht lange auf sich warten. Man lernt auch gleich eine ganze Reihe an Charakteren kennen, die im Lauf des Buches eine Rolle spielen werden. Am Anfang mag es da relativ schwer sein, den Überblick zu behalten, doch das gibt sich ziemlich schnell wieder. Denn jeder der Charaktere ist so einzigartig, dass selbst ich Namenslegastheniker sie schnell auseinander halten konnte. Einen Lieblingscharakter zu benennen, fällt mir dennoch unheimlich schwer, denn ich mochte sehr viele sehr gerne. Aenlin natürlich, die ihre Rolle als Tochter von Solomon Kane zwar von Beginn an annimmt, jedoch einige Schwierigkeiten haben wird, dieser auch gerecht zu werden – was immer das bedeuten mag. Dass sie eine gute Kämpferin und Schützin ist, gibt natürlich zusätzliche Coolnesspunkte. Ihre feste Freundin Tahmina, eine persische Mystikerin, trägt zwar kein offensichtliches Waffengehänge, ist aber mindestens genau so gefährlich. Sie ist stiller, vielleicht sogar ein bisschen weise, und eine unfassbar liebe- und verständnisvolle Gefährtin für Aenlin. Auch Graf Caspar von und zu dem Dorffe fand ich von Anfang an ziemlich cool. Ein begabter Duellist, der es darauf anlegt Adlige herauszufordern um sie um die Ecke bringen zu können? Gefällt mir. Und Nicholas, der geheimnisumwogene Anführer der Landsknechttruppe, in seiner Klugheit und Loyalität, hat es mir auch angetan. Neben diesen gewohnt meisterhaften Charakteren gab es, wie ich zugeben muss, allerdings nicht viel, was mich an einen „typischen“ Heitz-Roman erinnert hätte. Das ist natürlich nichts schlechtes, es war nur nicht das, was ich erwartet hatte. Denn auch wenn es hin und wieder ein wenig Blut und Eingeweide regnet, hält sich das hier doch sehr in Grenzen und besonders der Body-Count erscheint mir für ein Heitz-Buch ungewöhnlich gering. Und vielleicht hat er es dieses Mal sogar geschafft, so etwas wie eine Liebesgeschichte einzubauen. Herr Heitz, ich bin schockiert. Außerdem erwähnenswert ist die aufwendige Gestaltung des Buches, mit zwei farbigen Karten und mehreren ausklappbaren Illustrationen im Innenteil, die für mich ein wirkliches Plus waren. Ich finde es toll, dass Knaur und Markus Heitz, wie zum Beispiel auch mit dem Doors-Projekt, immer mal wieder was Neues probieren. Ein kleiner Minuspunkt ist für mich aber das Fehlen einer Triggerwarnung zu Sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung am Anfang des Buches, denn da fand sogar ich die Beschreibungen sehr krass und möchte mir nicht vorstellen, wie es Betroffenen dabei gehen könnte. Das Buch hat mir auf jeden Fall viel Spaß gemacht. Es war spannend, und ich konnte mit den Charakteren mitfiebern. Für mich war die Story schlüssig und mit überraschenden Wendungen/Enthüllungen gespickt, blieb dabei aber geheimnisvoll genug, um die dunkle Stimmung zu bewahren. Manche Auflösung erschien mir, gerade zum Ende hin, ein wenig zu einfach, sodass Die dunklen Lande für mich zu den eher schwächeren Heitz-Büchern gehört (von denen, die ich bis jetzt gelesen habe). Aber hey – das macht es immer noch zu einem sehr guten Buch, bei einem normalen Standard! Und über einen zweiten Teil würde ich mich auf jeden Fall freuen.