marcello
Manchmal muss ich schon ein bisschen lächeln, wenn ich Rezensionen zu Charlotte Links Büchern lesen, die ihren stellenweise langatmigen Stil kritisieren. Jetzt bin ich schon seit meiner frühsten Jugend Fan von ihr und bin daher mit dieser Art des Schreibens groß geworden. Aber auch ich kann an ihrem letzten Buch „Die Entscheidung“ verzweifeln, weil ich bei den ganzen Perspektiven noch gar nicht weiß, wo das Ganze überhaupt hinführt. Kurze Rede, kurzer Sinn: zu Link gehört dieser Stil wie das Amen in die Kirche, so dass ich mich manchmal frage, wie man das überhaupt kritisieren kann, denn sonst muss man die Konsequenz ziehen, ihre Bücher einfach nicht zu lesen. Ich wollte „Die Suche“ unbedingt lesen, da es nun das erste Mal ist, dass Link zu einer Figur zurückkehrt und quasi einen zweiten Band schreibt. Kate Linville ist sicherlich für mich nicht DIE Figur gewesen, aber sie hatte etwas Anderes und damit meine ich nicht, dass alle 100 Seiten betont werden muss, dass sie eine graue Maus ist, diesen Teil finde ich sogar regelrecht ätzend. Aber sie hat etwas Zähes, etwas Mutiges und eben diesen untrüglichen Instinkt, den sie auszeichnet. Daher fand ich es klasse, dass wir mit ihr nach Scarborough zurückkehrt sind und auch zu Caleb Hall, der ebenfalls noch genug Seiten hat, die man entdecken kann. Im Gegensatz zu „Die Entscheidung“ ist mir früh aufgefallen, dass dieses Buch wieder viel stringenter erzählt ist. Man hat einen klaren Rahmen, auf der einen Seite alle Geschichten, die zum Hochmoor-Killer hinführen und auf der anderen Seite alles zu Kates Privatleben, stellenweise auch zu Calebs Privatleben. Damit war ich direkt in der Geschichte drin und wie üblich haben mich die dann etwas langatmigeren Passagen, die tief in die Landschaft und in die Seelen der Menschen blickt, nicht gestört. Da man auch immer mal wieder durch die Augen des Täters sehen kann, merkt man auch früh, dass irgendetwas nicht stimmt und dennoch war die erste Offenbarung zur Hälfte des Romans sehr überraschend. In dem Fall war sicherlich einiges sehr komisch, aber diesen Ausgang hatte ich nun doch auch nicht vermutet. Was ich etwas schade fand, dass Caleb doch erneut eher zur Randfigur geworden ist, mit ihm meint Link es offenbar echt nicht gut. Es wäre doch echt mal etwas gewesen, wenn Kate und er ihr Wissen und ihre Erfahrung zusammengeworfen hätten. Ich denke, die beiden könnten echt ein gutes Team sein. Aber grundsätzlich war es natürlich auch nicht verkehrt, dass Kate wieder auf alleinige Faust ermittelt und das sogar größtenteils unter dem Deckmantel einer Journalistin, was ihr ja nicht alle Türen problemlos öffnet. Am Ende kommt es dann zu einem wirklich langen Showdown mit gleich mehreren Höhepunkten. Da wird am Ende wirklich einiges abgefackelt. Die Enthüllung des Täters war da noch der offensichtlichste Aspekt, aber auch alles drum herum, der Kampf ums Überleben, da gibt es genug Momente, um an das Geschehen gebunden zu werden. Der letzte Höhepunkt wiederum war dann wieder eine totale Überraschung für mich, hierzu kann ich jedoch nicht mehr sagen, da die Storyline zu viel umfasst und ich durch meine Kommentierung etwas verraten könnte. Das war aber noch einmal heftige Szene, vor allem seelisch. Jedenfalls verspüre ich am Ende den Wunsch, dass Link sich weiterhin Kate widmet und dass sie sie und Caleb endlich zu Kollegen werden lässt! Fazit: Nach „Die Entscheidung“, die ich immer noch nicht beenden konnte, ist „Die Suche“ wieder genau das Buch von Link, das ich lesen möchte. Wieder nach Scarborough und zu Kate Linville zurückzukehren war ein cleverer Schachzug. Der präsentierte Fall hat mehrere Wendungen, manche mehr, manche weniger gelungen. Jedenfalls ist all das wie immer in eine Erzählkunst verpackt, die kaum jemand anders so bieten kann.