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Cindy

Posted on 13.2.2020

Kindesvernachlässigung, Einsamkeit und Gewalt sind einige Themen mit denen ich in den Antonia Michaelis Büchern "Der Märchenerzähler" und "Niemand liebt November", konfrontiert wurde. Aber auch ein verschlingender poetischer Schreibstil, der emotionale Bilder zeichnet. Als mir "Das Blaubeerhaus" im Regal meiner Buchhändlerin auffiel, war ich anfangs skeptisch, ob mich dieses Buch mit einem Loch im Bauch zurück lassen wird, wie es bei den beiden anderen Büchern, der Autorin der Fall war. Keine Sorge, das wird es nicht, denn "Das Blaubeerhaus" ist für junge Leser geeignet. Freundschaft, Mut, Entdeckergeist und Familie stehen im Vordergrund. Leo und Imke, beide 10 Jahre alt, sind Cousin und Cousine, hatten bisher jedoch kaum Kontakt miteinander. Erst als die Familien ein altes Haus im Wald erben und es in den Sommerferien besuchen, lernen sie sich näher kennen. Jede der Familien, hat einen anderen Lebensweg gewählt: Die Familie von Leo lebt in Berlin und wandelt auf Ökopfaden, mit langen Haaren und selbst gestrickten Hippie Klamotten. Das denkt zu mindestens Imke. In Leos Augen ist Imkes Familie an Wohlstand, Geld und teure Kleidung gewöhnt und lebt im vornehmen Teil Hamburgs. Eines haben Leo und Imke gemeinsam, sie sind abenteuerlustig, neugierig und das Blaubeerhaus lockt sie mit vielen Geheimnissen. Auf dem Dachboden entdeckt Leo ein Schulheft der längst verstorbenen, alten Lene, die zu der Zeit ungefähr in Leo und Imkes Alter gewesen ist. Schon damals besaß das Blaubeerhaus seinen Namen. Für Imke und Leo dreht sich alles um das Haus, den Wald und Lenes Schulheften, die sie als Tag- und Nachtbuch genutzt hat. Lenes Leben und ihr Alltag im Blaubeerhaus ist von kindlicher Freiheit geprägt, wird zunehmend aber ernster und beängstigend. Erst nach und nach wird auch Imke und Leo bewusst, in was für eine Zeit Lene Kind gewesen ist und was es eigentlich bedeutet, dass sich die Familie ihres besten Freundes, Avi gelegentlich im Keller oder auf dem Dachboden aufhält, sobald Fremde im Haus sind. Leo und Imke erzählen abwechselnd die Geschichte und jeder hat seinen eigenen Ton. Leo ist aufgeschlossen Neuem gegenüber, vorsichtig und wohl überlegt, wenn es darauf ankommt. Imke ist zunächst skeptisch, aber auch wagemutiger. Die beiden ergänzen sich. Doch auch die anderen Familienmitglieder kommen mit ihrer Persönlichkeit nicht zu kurz. Imke hat zwei kleine Schwestern, Juli und Juni, die sich wie Zwillinge verhalten und das fand nicht nur ich manchmal gruselig. Auch Leo hat weitere Geschwister einen älteren Bruder, Luke und einen ganz kleinen, Mattis. Neben den Kindern, gibt es die Eltern und mir hat es gut gefallen, dass die Eltern zu einem ganz normalen Teil in diesem zauberhaften Kinderbuch wurden. Und nicht etwa nur, die am Rande auftretenden, ermahnenden Erwachsenen darstellten. Lesespaß Das Cover übt eine enorme Anziehung auf mich aus. Das Gefühl von Sommer, Wald und Abenteuer zieht sich durch das gesamte Buch. Spürbar sind die knackenden Äste und das Laub unter den Füßen, ein erdiger Duft liegt in der Luft. Antonia Michaelis zaubert auch im "Blaubeerhaus" mit fantasievoller Sprache, sie erweckt ihre Figuren und gibt ihnen Leichtigkeit. Mit Hilfe von Lenes Tag- und Nachtbuch gleiten Leo und Imke in eine dunkle, gefährliche, wahre Vergangenheit, die dem älteren Leser sofort bewusst ist, für jüngere aber immer noch kindgerecht erzählt bleibt. Ein weiterer Zauber des Blaubeerhauses, sind die immer wieder kehrenden Illustrationen, der Figuren, Landschaft oder ganz wichtig der einzelnen Seiten von Lenes Heft. Die Neugier und der Entdeckergeist der Kinder springt auf die Leser über. In der zweiten Buchhälfte wird die Handlung ein Tick dunkler, orientiert an der Entwicklung von Lenes Geschichte. Wie am Anfang bereits erwähnt, geht man am Ende nicht mit einem "Loch im Bauch Gefühl" aus diesem Buch heraus, sondern mit einem warmen und zufriedenen Gefühl. Fazit Der Buchrücken hat im Regal meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen und als ich dann das Buch in den Händen hielt, war es um mich geschehen. Das Cover ist mehr als gelungen und schon das macht unheimlich neugierig auf das Buchinnere. "Das Blaubeerhaus" ist eine spannend erzählte Geschichte, bei der ganz klar Imke und Leo im Vordergrund stehen, aber die Erwachsenen nicht einfach an den Rand geschoben werden. Leos und Imkes Familien sind verschieden, aber hier ist das kein Grund für große Konflikte, sondern zeigt das man trotz Unterschiede auch ohne Streiten zu einer Familie zusammen wachsen kann. Der Schreibstil ist natürlich und ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen, weil ich sehr an Lenes Schicksal hing. Was ihr passiert, ist schrecklich, zum Glück, weil es ja auch ein Kinderbuch ist, drückt es die Stimmung aber nicht nach unten. Mir hat "Das Blaubeerhaus" sehr gut gefallen und es wird nicht nur dir jungen Leser begeistern, sondern auch die älteren, 5 Sterne.

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