sommerlese
Über drei Zeitebenen erzählt dieses Buch, von der Zarenzeit in St. Petersburg, über Deutschland um 1992 bis nach Norwegen im Jahr 2064. Das verbindende Element ist der Kampf von drei Familien um den Fortbestand und den Erhalt der vom Aussterben bedrohten Przewalski-Pferde. Es geht aber auch um Freiheit und Verantwortung für die weltweite Gemeinschaft der Lebewesen und die alles entscheidende Frage: Reicht ein Menschenleben, um die Welt für alle zu verändern? Maja Lunde bleibt auch in diesem dritten Roman wieder ihrem bekannten System mit drei Zeitebenen und einem alles verbindenen Thema treu. Inhaltlich beschäftigt sich das Buch mit dem Erhalt von Lebensräumen, Artenschutz und Arterhaltung am Beispiel der Przewalski-Pferde, im Mongolischen auch Takhis genannt. Das Buch beginnt 2064 mit Eva, die mit ihrer Tochter Isa ein unwirtliches Leben in Norwegen führt. Dort hat die Klimakatastrophe schon zugeschlagen, die Erde ist karg, vertrocknet und es gibt kaum noch Nahrung. Eva kämpft verzweifelt einen Überlebenskampf mit ihrem Vieh und ihren beiden wertvollen Takhis. Im Jahr 1992 bringt die Tierärztin Karin seltene Takhis aus Europa in ihre ursprüngliche Heimat, die Mongolei, um sie dort als Herde wieder anzusiedeln. 1881 startet Michail Alexandrowitsch Kowrow eine Expedition in die Mongolei, um dort die letzten Urpferde einzufangen und ihren Bestand zu sichern. Diese drei Geschichten werden nebeneinander erzählt und doch verstricken sie sich ohne Verständnisprobleme zu einem Ganzen. Diese schriftstellerische Leistung beherrscht Maja Lunde perfekt. Es werden menschliche Schicksale beschrieben, die sich für den Erhalt von den Ur-Pferden einsetzen und ihr Leben diesem einen Ziel zu widmen. Besonders die Story um Eva hat bedrohliche Züge, die ein Ende unserer derzeitigen Existenz vorhersagen. Gleichzeitig erfährt man viele persönliche Tragödien aus ihren Leben, sei es die damals unerwünschte Homosexualität von Michail, die Drogensucht von Karins Sohn oder den schwierigen Überlebenskampf, den Eva ausfechten muss. Maja Lunde beschreibt die Figuren sehr einnehmend, glaubhaft und mit emotionaler Nähe, sodaß man als Leser ihre Sorgen, Trauer, Angst und Schmerz gut nachempfinden kann. Doch es gibt auch Glücksgefühle, wenn eine Geburt glücklich verläuft oder die Liebe für Erfüllung sorgt. Es ist ein Taumel von Gefühlen und von bedrohlichen Zukunftsängsten und man taucht tief in die jeweiligen Familiengeschichten ein. Der rote Faden ist der gemeinsame Kampf für den Schutz und Erhalt der Takhis. Die weiteren Familiengeschichten sind für mich etwas weit ausgeholt und hätten auch ohne Zarenreichprobleme und die Einbindung der nationalsozialistischen Familie Göring auskommen können. Sie sind aber für den jeweils herrschenden Zeitgeist durchaus wichtig. Sehr eindringlich zeigt die Autorin, wie fragil und zerbrechlich das ökologische Gleichgewicht ist. Auch unser Überleben ist maßgeblich bedroht, die Klimakatastrophe zeigt bereits die rote Karte. Der Schutz der Artenvielfalt geht uns alle an, denn wir sind von diesen Ressourcen abhängig. Jedes Lebewesen erfüllt eine wichtige Aufgabe und ist schützenswert. Auch dieser Band konnte mich wieder fesseln und begeistern und mich in seinen Bann ziehen. Der dystopische Teil wirkte auf mich besonders bedrohlich und auch wenn ich Zukunftsbücher sonst nicht lese, konnte auch dieser Teil mich packen. Dieser Roman ist durch die verschiedenen Zeitebenen sehr interessant gemacht und zeigt die Folgen der Klimaveränderung auf und mahnt den Artenschutz und den Erhalt von intakten Lebensräumen an. Es geht aber auch um menschliches Miteinander und die Bedeutung von Freiheit, Geburt und Tod. Wir müssen die uns zur Verfügung stehenden Ressourcen schützen und damit die bewohnbaren Lebensräume auf der Erde.