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Schattenwege

Posted on 12.2.2020

Greta Thunberg. Ein Name, der wohl kaum jemandem auf der Welt noch unbekannt ist. Die einen feiern sie, die anderen verteufeln sie, wieder andere haben Mitleid mit und ein weiterer Teil der Menschen ist nur noch genervt von ihr. Sicherlich kann man über die junge Klimaaktivistin denken, was man möchte, doch eines kann man ihr nicht absprechen: Sie bewegt etwas. Das kann man gut oder schlecht finden, man kann sogar einfach gar keine Meinung dazu haben und sich aus allem raushalten, wenn man das möchte. Trotzdem kommt man an dem Namen und der dazugehörigen Bewegung „Fridays for Future“ nicht mehr vorbei. Auch in den Verlagsprogrammen wird das Thema Klimawandel vielseitig behandelt, nicht selten ziert dabei Gretas Gesicht das Cover. Mit Szenen aus dem Herzen soll nun ein Blick hinter die Kulissen gewährt werden. Unser Leben für das Klima erzählt von der Zeit vor jenem schicksalhaften Tag im August 2018, an dem Greta ganz allein mit ihrem inzwischen berühmten Schild in den Schulstreik trat. Dies könnte meine Geschichte sein. Fast eine Autobiographie, hätte es eine werden sollen. Doch Autobiographien interessieren mich nicht besonders. In meinen Augen gibt es Dinge, die wichtiger sind. Dieses Buch haben mein Mann Svante und ich gemeinsam mit unseren Töchtern geschrieben. Es handelt von der Krise, die unsere Familie getroffen hat. Es handelt von Greta und Beata. (aus dem Vorwort) Natürlich erwartet man von der Vorgeschichte auch, dass ein paar familiäre Details genannt werden, denn das Zusammenleben gehört schlichtweg zur Entwicklung eines Menschen dazu. Vieles hat seinen Ursprung im Elternhaus. Leider ist es in Szenen aus dem Herzen trotz der expliziten Erwähnung im Vorwort, dass es sich hierbei nicht um eine Autobiographie handelt, eher ein Buch über Mama Ernman und Papa Thunberg, beide keine unbekannten Namen in Schweden. Und obwohl es heißt, dass das Buch von der ganzen Familie zusammen geschrieben wurde, findet man nahezu ausschließlich Wortmeldungen der Mutter. Sie berichtet über ihre Depressionen, ihre Karriere bei der Oper, ihrem mentalen Absturz und wie sehr sie unter alldem leidet. Dass die Defizite ihrer Töchter dabei eine nicht unwesentliche Rolle spielen, ist so ziemlich das einzige Detail, welches wirklich Bezug auf Greta Thunberg nimmt. Den Leser erwartet in Unser Leben für das Klima dementsprechend leider so gar nichts zum tatsächlichen Hintergrund dessen, was das junge Mädchen wirklich dazu veranlasst hat, die Klimastreik-Bewegung ins Leben zu rufen. Auch wenn Zitate von Greta und Beata, von denen das Buch laut Vorwort handeln soll, verwendet werden, schließt sich der Kreis nach diversen Sprüngen doch immer wieder bei Frau Ernman. Alles nimmt Bezug auf ihre Entwicklung und wird so mit jeder Seite mehr zu einer Selbstdarstellung, die immer wieder ins Selbstmitleid abdriftet. Nur vereinzelt erhält der Leser hier Informationen zum Klima, zum Klimawandel und was jeder einzelne tun kann, um all das aufzuhalten oder zumindest zu verlangsamen. Auch über das Asberger-Syndrom und seine Symptome werden einige Kenntnisse vermittelt, die den meisten sicherlich so nicht bewusst sind. Und doch vermittelt das Buch nicht den Eindruck, als ginge es tatsächlich um das Klima. Bei genauerem Hinsehen stellt der Leser fest, dass es sich nicht mal um ein Sachbuch handelt. Wirkliche Informationen werden nicht geliefert, und wenn man den Bezug zu realen Personen ignoriert, könnte es auch als eher wirrer Roman durchgehen, der mal hier und mal da ernstere Themen aufgreift, ohne tatsächlich ins Detail zu gehen oder einen echten Mehrwert zu bieten. Fasst man den Inhalt zusammen, bleibt am Ende die Frage: Über wen wollte man eigentlich etwas erfahren, als man zu Szenen aus dem Herzen gegriffen hat? Ganz sicher hat man etwas anderes erwartet, und nach Beendigung der Lektüre bleibt fast nur ein positiver Punkt übrig: Dass die reinen Einnahmen des Verkaufs an verschiedene, im Buch namentlich aufgeführte, gemeinnützige Vereine gehen, die sich tatsächlich mit der ganzen Thematik befassen. Fazit: Wer von Szenen aus dem Herzen erwartet, Greta Thunberg und ihre Intentionen gegen den Klimawandel besser kennen und verstehen zu lernen, der muss sich auf eine bittere Enttäuschung gefasst machen. Statt der jungen Klimaaktivistin kommt fast ausschließlich Mama Ernman zu Wort und nutzt Unser Leben für das Klima als Plattform für jammernde, ausschweifende Selbstdarstellung. Einige interessante Aspekte gehen vollends im Geseier unter, und nach der Lektüre kennt man vor allem eine Person sehr viel besser, wegen der man gar nicht zum Buch gegriffen hat: Malena Ernman. Was ein wirklich spannendes Sachbuch hätte werden können (und sollen), ist lediglich eine maskierte Autobiographie geworden. Schade! Wertung: Zwei Sterne  Informationsgehalt: 2.5 / 5 Verständlichkeit: 2 / 5 Handlung: 2 / 5 Charaktere: 2 / 5 Lesespaß: 2.5 / 5 Preis/Leistung: 1 / 5

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