Ladybug
Imaginäre Katze, eine Schatzsuche und immer wieder 15:20 Uhr Ben Constable ist "gesichtsblind", kann damit aber sehr gut umgehen. Tomomi Ishikawa ist eine sehr gute Freundin von Ben und schon immer sehr mysteriös. Ben weiß vieles von Butterfly, wie Tomomi genannt wird, aber auch vieles eben nicht. Eines Tages erhält er einen beunruhigenden Brief von Butterfly, in dem sie Abschied von ihm nimmt, denn zu dem Zeitpunkt, an dem Ben den Brief liest, ist Tomomi schon tot - Selbstmord. Doch Butterfly hat für Ben eine Schatzsuche angelegt. Immer wieder bekommt er neue Hinweise und landet an neuen Zielen. Quer durch Paris und später dann sogar in New York führen ihn die einzelnen Stationen dieser Suche. Er findet Notizbücher mit wahren Geständnissen: Tomomi erzählt, wie sie immer wieder Menschen getötet hat. Doch stimmt das denn wirklich? In New York hilft ihm Beatrice bei der weiteren Suche und Ben beginnt, die ganze Sache infrage zu stellen. Benjamin Constable hat ein wundervolles Buch geschrieben, das nicht wirklich spannend, aber unbeschreiblich interessant geschrieben ist. Man mag es einfach nicht mehr weglegen. Erstaunt stellt man fest, wie viele Seiten man fast unbemerkt weggelesen hat und bedauert, wenn man nicht weiterlesen kann. Bis zur nächsten "Lesezeit" denkt man immer wieder an Cat, Bens imaginäre Katze; man rätselt, was es mit 15:30 Uhr auf sich hat; man hat Millionen Fragen im Kopf. Und die bleiben auch noch nach der letzten Seite! Trotzdem ist man nicht sauer auf den Autor, man ist nicht enttäuscht und man ist auch nicht traurig. Es ist nicht zu fassen: dieses Buch wirkt auf ganz unglaublich wundervolle Art in dem Lesern, wenn man sich nur öffnet. Der Schreibstil ist traumhaft schön - perfekt zu der Kombination aus Realität und Fiktion. Das schlichte weiße Cover mit dem roten Motiv wirkt da zunächst langweilig. Aber schnell merkt man, dass in diesem Motiv die komplette Geschichte versteckt ist. Einfach zauberhaft! Die einzelnen Charaktere sind lebendig gezeichnet, auch wenn gerade Butterfly (passend zum Namen) ein luftigleichtes, nicht greifbares Flatterwesen ist. Dafür ist Beatrice bodenständig und geerdet, auch wenn sie kurz aus dieser Rolle ausbricht. Und Ben - ach, Ben. Zu gerne würde ich ihn in meinem Bekanntenkreis haben. Er ist ein ganz besonderer Mensch mit viel Herz, aber auch genug Bodenständigkeit und Realitätssinn, um nicht ganz in den Fantasien zu versinken. Mit Ben kann man reden, aber auch schweigen. Dieses Buch ist mit nichts vergleichbar, das ich kenne. Es ist eins der besten Bücher der letzten Jahre für mich und war schon nach wenigen Seiten Anwärter auf der "Herzensbuch"-Liste. Da ist es auch ganz oben anzusiedeln. Ich bin mir sicher, ich werde oft darin blättern und Passagen wieder und wieder lesen. Nicht ohne Grund habe ich sehr viele Stellen darin mit Post-its markiert! Fazit: wer bereit ist, sich beim Lesen komplett fallen zu lassen und den Geist für alles, auch noch so Unrealistische, zu öffnen bereit ist, der wird mit "Die drei Leben der Tomomi Ishikawa" einen wahren Schatz finden, auch wenn ich zu behaupten wage, dass niemand das Ende des Buches so erwartet und/oder gewünscht hätte. Eines steht aber fest: ich hoffe, Benjamin Constable beglückt uns Leseratten noch sehr oft mit solch außergewöhnlichen Büchern!