Mila
„Was wir dachten, was wir taten“ dreht sich um eine ganz normale Schulklasse. Zu Beginn schreibt sie eine Matheklausur, manche sind besser vorbereitet, manche schlechter, man- „Es ist ein schwerwiegendes Sicherheitsproblem aufgetreten. Bitte bewahren Sie Ruhe. Begeben Sie sich sofort in einen geschlossenen Fachraum und warten Sie auf weitere Anweisungen.“ Verwunderung, Verwirrung, Diskussionen. Bis einige Momente später der Amokläufer mit gezogener Waffe im Raum steht, dem Klassenlehrer einen Stapel nummerierter Briefe in die Hand drückt. „Meine letzten Wünsche“ schreibt er an die Tafel. Die Briefe enthalten Aufgaben für die Klasse, die ohne Erbarmen Geheimnisse an die Oberfläche zerren. Der Amoklauf wird aus drei Perspektiven erzählt: Mark Winter und Fiona Nikolaus, zwei Schüler*innen, und Herr Filler, der Lehrer. Sehr geschickt! Diese Erzählweise ermöglicht, sämtliche Charaktere aus mehreren Sichtweisen kennenzulernen und sich eine Meinung zu bilden, obwohl der Vorfall nur 143 Minuten andauert. Diese wenigen 179 Seiten haben es jedoch in sich. Gebannt verfolgte ich das Geschehen, ähnlich verwirrt und konsterniert wie die Schüler*innen selbst. Der Schreibstil trägt seinen Teil zu diesen Gefühlen hinzu. Authentisch, bildhaft, simpel und doch raffiniert. Wie eine stumme Armee blickten die Schüler zu mir nach vorn, bleiche Wangen, feuchte Schläfen, Augen so erschreckend ernst. (S. 67) Gut herausgearbeitet ist auch die wachsende Entschlossenheit der Schüler*innen gegenüber den Aufgaben. Angesichts des drohenden Todes gehorchten sie immer schneller und weniger zögerlich. Fassungslos fürchtete ich einen ähnlichen Ausgang wie bei "Herr der Fliegen", wo die Jungen, die unter anderen Umständen gute Freunde hätten sein können, sich gegenseitig bekriegten. FAZIT Lea-Lina Oppermann schaffte es, mich auf 179 Seiten zu packen. Ich stürzte über die Seiten, begierig auf den Fortlauf der Geschichte, erschreckt und beklommen. Oppermann führt vor Augen, wie leicht erpressbar Menschen sind und wie schnell sich im Druck der Gruppe das gegenseitige Verhalten ändert. Vor allem aber macht sie darauf aufmerksam, wie wichtig es ist, auf seine Mitmenschen zu achten.