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bastilkarton

Posted on 11.2.2020

Mit den "Känguru-Chroniken" hat Marc-Uwe Kling sein literarisches Können, sein Ideenreichtum und seinen Humor mit gewiefter Brillianz unter Beweis gestellt. Dementsprechend hoch waren meine Erwartungen an "QualityLand". Ich habe eine gut durchdachte, raffinierte, auf hohem Niveau witzige Dystopie erwartet- bekam jedoch an vielen Stellen billige und sexualisierte Gags, die die gute Grundidee der Zukunftsvision leider etwas versaut haben. Inhalt: Peter Arbeitsloser lebt in QualityLand. Das Land der Superlative, des allumfassenden technischen Fortschritts. Das Land, in dem Algorithmen dich besser kennen als du selbst, dir deinen Partner aussuchen und dir Dinge schicken, bevor du selbst je auch nur den Wunsch geäußert hast. Das Land, in dem ein Androide (ein sehr menschenähnlicher Roboter) gegen einen Menschen bei der Präsidentschaftswahl antritt. Und das Land, in dem dein Gesellschaftliches Level dein Leben vorbestimmt. Peter Arbeitsloser duldet sein Leben als Maschinenverschrotter- bis er eines Tages eine fragwürdige Lieferung von "TheShop" bekommt - einen rosafarbenen Delfinvibrator- und ein fundamentales Problem darin erkennt. Meinung: An sich war das Universum, in dem sich Peter bewegte- also das von Marc-Uwe Kling erdachte Zukunftsszenario- sehr vielversprechend. Vielleicht ist eine Welt, die von Algorithmen, Computern und Maschinen gesteuert wird, nicht die bahnbrechendste literarische Innovation im Bereich der Science-Fiction, dennoch hatte die Idee viel Potential. Auch, dass ein Mensch aus einem untersten Level, ein "Nutzloser" wie es im quality-Wortschatz so schön heißt, versucht, sich gegen das System aufzulehnen und in einer kleinen Sache ein fundamentales Problem erkennt, hätte wirklich gut umgesetzt werden können und sicher einen richtigen Spannungsbogen kreieren können, doch durch den sehr platten Humor hat die Idee an Überzeugungskraft und Seriösität verloren. Aus den Känguru-Chroniken bin ich Marc-Uwe Klings stellenweise zynischen, grotesken und unterschwellig gesellschafts- und politikkritischen Humor gewöhnt, der nach vielleicht anfänglichen Schwierigkeiten einen wirklich sehr amüsiert. Doch "QualityLand" wimmelt nur so von Witzen unter der Gürtellinie. Selbstbefriedigung hat einen für mich viel zu hohen Anteil angenommen, und ich war wirklich sehr unschlüssig darüber, warum er das Thema auch noch in das Buch schreiben musste. Ein rosafarbener Delfinvibrator als Schlüsselgegenstand hat mir persönlich an sexuellen Anspielungen schon gereicht. Doch manche Schilderungen gehen mir einfach nicht mehr aus dem Kopf, und diese obszönen Bilder überschatten alles, was ich an dem Buch vielleicht doch mochte. Lobend hervorheben muss man die Welt und die Charaktere, die Marc-Uwe Kling erschaffen hat. Man hatte eine ganze Bandbreite an verschiedenen Personen und Maschinen, die als Team gut interagiert haben und, ähnlich wie in den Känguru-Chroniken, eine Horde von grotesken Wesen waren. Die Vision war in sich schlüssig, wenn ich manche Erfindungen auch sehr verwirrend fand. Der Aufbau des Buches hat mir auch gut gefallen, denn zwischen den Kapiteln befanden sich immer wieder Berichte oder Anzeigen aus QualityLand, die besonders durch die Kommentare unter dem jeweiligen Beitrag einen höheren Unterhaltungsfaktor hatten als so manches Kapitel. Zumal die Berichte oft einen Bezug zu vorherigen Anspielungen aufwiesen und somit dem Leser das Gefühl gaben, immer mehr ein Teil von QualityLand zu werden. Persönlich haben mich die einzelnen Anspielungen an die "Känguru-Chroniken" sehr glücklich gemacht, es gab mir etwas vertraut witziges, wodurch sie als meine Rettungsringe an niveauvollen Witzen in diesem Buch fungierten. Die unterschwellige Kritik an dem immer allumfassender werdenderen technischen Fortschritt und die Risiken, die jener birgt, ist definitiv deutlich geworden, jedoch wurde ihr meiner Meinung nach durch den hohen Sex-Witz-Faktor die Aussagekraft geraubt. Der gezwungene und teilweise wirklich billige Humor hat das an sich gut durchdachte Buch voller Potential leider etwas lächerlich gemacht. Leider alles andere als high-quality.

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