leseleidenschaft
und wieso hat mich das Lesen dieser 8 Bände streckenweise so glücklich gemacht? Rational gesehen gibt es keinen sinnvollen Grund, denn: Alle Outlander Bände sind keine anspruchsvolle Literatur, eher RTL (manchmal musste ich über mich selbst den Kopf schütteln, dass ich so etwas lese). Alles ist unglaublich langatmig (oft habe ich Absätze übersprungen, weil es vor lauter Blabla kein Entrinnen gab). Die Beschreibungen von allem (Mensch, Natur, Situationen, Hintergrunderläuterungen ...) sind sehr detailliert (alles was jemand sieht und erlebt wurde bis ins kleinste beschrieben, damit kommen die Bände auch leicht jeweils über 1000 Seiten). Sie strotzen vor inhaltlichen Fehlern (Besitz wird verloren, der später wieder da ist; manches passt einfach nicht zusammen; Personen kommen vor, die die Hauptfigur Claire schon einen Band früher traf, was dann vergessen und "falsch" weiter erzählt wird ... okay bei dieser Menge an Text und Begebenheiten im Grunde verzeihlich). Es häufen sich sprachliche und grammatikalische Fehler (ich denke, das kommt durch die Übersetzung). Die mannigfaltigen detailreichen Beschreibungen der Sexszenen (gerade im ersten Band viel zu viele) sind nicht erotisch, sondern einfach nur peinlich (und zum Teil eklig, weil Erotik nicht daraus besteht, körperliche Funktionen bis zu Widerlichkeit zu visualisieren). Es werden zeitgeschichtliche und historische Fehler gemacht (Gummistiefel im Jahr 1767?). Personen werden verwechselt (okay, bei acht Bänden kann man schon mal den Überblick verlieren). Was den Figuren an schlimmen Dingen passiert, aufgereihte Dramen wie an einer Perlenschnur, nervt oftmals und wirkt unglaubwürdig in ihrer Häufigkeit (endlich hat der Held ein Abenteuer überstanden, endlich eine Widrigkeit aus dem Weg geräumt, man atmet auf ... und schwupps passiert wieder und wieder etwas vollkommen absurdes und es geht von vorne los; man bekommt den Eindruck, das muss passieren, nur um noch schnell ein paar Hundert Seiten zusammen zu bekommen. Die Menge an Problemen, die die Figuren meistern müssen, wirken in ihrer Menge irgendwann unglaubwürdig). Und der letzte Band schleppt sich mühsam und lustlos dahin, als hätte die Autorin keine Freude mehr an ihren Romanfiguren und deren Erlebnissen (schnell, schnell zum Ende kommen, nur endlich mal wieder was anderes machen können). Alles Gründe, die Outlander Bände nach den ersten hundert Seiten beiseite zu legen - aber, das habe ich nicht getan. Im Gegenteil, ich habe sie alle innerhalb von 6 Monaten verschlungen und wusste, bevor ich nicht alle gelesen habe, würde ich kein anderes Buch in die Hand nehmen. Wieso? Weil es unterhaltsam ist. Weil es in eine andere Welt verführt und in eine andere Zeit. Weil die immensen Details, das Beschreiben jeden kleinen Handgriffs, das Erläutern jeder Gefühlsregung einer Person, das Beleuchten von allem, was drumherum passiert, es einem einfach macht, zu denken, man ist dabei. Es ist, als würde man in den Szenen auch irgendwo stehen, hören, was die handelnden Personen sagen, sehen, was sie sehen, die Situation mitempfinden. Man fühlt sich verbunden mit Claire und Jamie und allen anderen, wie Verwandtschaft. Es ist als würde man deren Leben miterleben - und weil das spannend ist, aufregend, nervenzerreißend und man natürlich wissen möchte, "wie geht es aus", muss man wie unter Zwang immer weiterlesen. Und während des Lesens lächelt man, schmunzelt, weint (viel), weil es so rührend und schrecklich und schön ist - und ist gleichzeitig von sich selbst genervt, dass einen so einfache Literatur, ohne große rethorischen Anforderungen, so gefangen hält. Wer Herz, Schmerz, große Gefühle, wilde Abenteuer und Zeitreisen-Geschichten mag und keinen Anspruch hat, einen Böll oder einen Hesse in Händen zu halten, der ist bei der Outlander Reihe richtig (für Zwischendurch was leichtes) - gut zum Abschalten, gut zum Zeitvertreiben, auch gut, um über die geschichtliche Zeit der Erzählungen in Fachbüchern mehr zu erfahren, wenn man will. Als ich den 8. Band zu Ende hatte und feststellte, huch, es gibt (noch) keinen neunten Band, war ich richtig geschockt ... jetzt kann, jetzt muss :-) ich ja was anderes lesen...