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naibenak

Posted on 11.2.2020

Die polnische Flüchtlingstochter Vera landet im Zweiten Weltkrieg mit ihrer Mutter im Alten Land und wird dort sesshaft. Mit ihrem Stiefvater und Kriegsveteran Karl lebt sie noch lange Zeit in einem großen, Altländischen Reetdachhaus inmitten von Kirschbaumplantagen. Später lebt sie dort allein. Anne ist auch ein Spross dieser Familie. Vera ist ihre Tante. Die junge Mutter eines etwa dreijährigen Knirpses lebt in Hamburg-Ottensen und wird vom Lebensgefährten und Vater des Jungen für eine andere verlassen. Sie „flieht“ ins Alte Land zur Tante und will als gelernte Tischlerin das alte Haus in Schuss bringen. Dörte Hansen erzählt mit liebevoller, lockerer, frecher und teils sarkastischer Zunge vom störrisch-eigensinnigen Menschenschlag im Alten Land, von den alternativen Übermuttis in Hamburg-Ottensen, von fürsorglichen Handwerkern in Hamburg-Barmbek und Hamburger Aussteigern, die auf dem Land neu anfangen wollen, aber doch irgendwie nicht aus ihrer Haus können. Dies alles ist unheimlich amüsant zu lesen, besonders, wenn die Autorin überspitzte Klischees zu Tage bringt, die mich ein ums andere Mal haben zustimmend nicken und schmunzeln lassen. Aber ich muss auch zugeben, dass es mir irgendwann ein bisschen viel geworden ist und ich mich dabei ertappt habe, es deshalb ansatzweise nervig zu finden… Zum anderen aber – und das gefällt mir an diesem Roman am besten – kann Dörte Hansen wunderbar und einfühlsam, in sprachlich schönen und ausdrucksstarken Bildern von den Sorgen, Ängsten, Erinnerungen und anderen Gefühlen ihrer Charaktere berichten. Sie werden alle sehr greifbar in ihrer jeweiligen Art, ich kann mich wunderbar in die Personen hineinversetzen, sie verstehen, mit ihnen fühlen… Aber auch sie zum Teufel jagen – oh ja, so jemanden gibt es durchaus auch ;) Und nicht nur die Charaktere beschreibt Hansen auf diese unbeschreibliche Art, auch das Alte Land selbst mit seinen Obstplantagen, Bauernhöfen, reetgedeckten Fachwerkhäusern, Deichen und Tieren wird so sehr lebendig vor meinem inneren Leserauge. Was mich beim Lesen aber manchmal etwas gestört hat, ist Hansens Tempo. Gerade habe ich noch schallend gelacht über die Schrulligkeiten der Altländer und schwupp – finde ich mich im Flüchtlingsstrom im Zweiten Weltkrieg wieder. Eben noch geschmunzelt über die Ottenser Muttis, zack – da baumelt jemand auf dem Dachboden. Da bleibt einem das Lachen regelmäßig im Halse stecken. Das zieht sich in ähnlicher Manier durch das ganze Buch. Ich persönlich hätte an der einen oder anderen Stelle gern noch etwas verweilen mögen. Fazit: Ein spritziger, frecher, liebevoll & einfühlsam erzählter Generationenroman über Mütter und Töchter, über Vergangenheits- und Trauerbewältigung, ein Über-sich-Hinauswachsen und Zur-Ruhe-Kommen. Und noch so viel mehr. Manchmal etwas zu klischeehaft für meinen Geschmack und zu „schnell“ im Verlauf. Aber in jedem Fall berührend und bezaubernd und sehr unterhaltsam. Empfehlenswert!

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