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Sophie

Posted on 11.2.2020

Der erste Einstieg in die neue Dystopie von Kim Kestner ist wirklich krass. Das dystopische Setting ist glaubhaft und Kim Kestner hat gekonnt Themen aus japanischen Göttergeschichten darin eingearbeitet. Die unterirdische Höhle, in der die Menschen leben, ist hierarchisch aufgebaut und je weiter unten man lebt, desto niedriger ist auch der eigene gesellschaftliche Status. Alle Ebenen greifen dabei wie Zahnräder ineinander. Wenn eines davon im System nicht funktioniert, dann bricht alles zusammen. Das gesamte System fußt dabei auf dem Götterglauben an Amaterasu und ihrem Bruder Susanoo. Nur den Nachfahren der Sonnengöttin, ist es erlaubt, in ihrem Schein zu wandeln. Denn ganz oben lebt der Kaiser, ein direkter Nachfahre von Amaterasu, mit seinem Gefolge. Nur wenigen ist es überhaupt erlaubt, die oberen Schichten zu betreten, wo die Menschen in Wohlstand leben und keinerlei Gedanken an den nächsten Tag verschwenden. Die Menschen auf Ebene eins leben dagegegen unter katastrophalen Umständen zusammen. Sie sind aneinander gepfercht in ihrem eigenen Unrat und jeden Tag werden Unzählige durch Hunger oder Krankheit dahingerafft. Die Atmosphäre ist beklemmend und die Armut der Menschen ist wirklich gut dargestellt. Und inmitten dieses Höllenpfuhls lernen wir Juri kennen. Ein Mädchen, das es allen Widrigkeiten zum Trotz geschafft hat, einen festen Job zu ergattern und sich deshalb nicht jeden Abend mit vollkommen leeren Magen schlafen legen muss. Um nicht unterzugehen, muss sie stark sein, sich gegen ihre Mitmenschen durchsetzen und kein Mitleid zeigen, auch wenn es ihr schwer fällt. Diese Stärke behält Juri auch im gesamten Verlauf der Geschichte bei. Dennoch ist sie bei weitem nicht perfekt und hat Ecken und Kanten, was sie mir als Hauptprotagonistin noch sympathischer gemacht hat. Durch Rückblenden gewährt die Autorin immer wieder Einblicke in Juris Vergangenheit, die deutlich machen, wieso sie sich für ein Leben als Einzelgängerin entschieden hat. Auch unter den Nebencharakteren finden sich interessante Charaktere, die die Geschichte allesamt zu etwas ganz Besonderem machen. Denn unter ihnen findet Juri wahre Freunde und Liebe, wo sie sie niemals für möglich gehalten hätte. Der Schreibstil hat mir auf Anhieb sehr gut gefallen. Kim Kestner versteht sich wunderbar darauf, ihre Geschichte gekonnt zu inszenieren. Prägnant, auf den Punkt gebracht und ohne zu viele Schnörkel oder unnötige Details. Die Beschreibungen der einzelnen Handlungsschauplätze sind dennoch genau aber nicht so überladen, dass kein Platz mehr für die eigene Fantasie wäre. Die Seiten fliegen nur so dahin und schneller als gedacht war ich schon am Ende der Erzählung angelangt ;) Mit ihrem neuen dystopischen Einteiler ist es Kim Kestner gelungen, mich auf ganzer Linie zu überzeugen. Eine packende Story mit glaubhaften Charakteren und einem authentischen Setting, die Themen wie Freundschaft, Liebe und Glauben aufgreift und in einem Wirbel aus Spannung miteinander verbindet.

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