SternchenBlau
Krimi mit feministischem Blick Ich lese ja nicht mehr so oft Crime-Bücher, aber „Die unvergleichliche Miss Kopp schlägt zurück“ hat mich gleich gekriegt: 1915 und der erste weibliche Deputy. Und diese Entscheidung habe ich nicht bereut! Dann die Überraschung auf der ersten Seite, denn dort wird ein aus der New York Press vom 20. Dezember 1915 zitiert. Autorin Amy Stewart hat für ihren Roman nämlich eine reale historische Figur zum Vorbild genommen. Im Nachwort listet Stewart auf, wie die historische Faktenlage ist und wo sie sich literarische Freiheiten herausnehmen musste. Die Eingangssequenz hat mich richtig von den Socken gehauen, weil mir Miss Kopp so gut gefallen hat. Als Ich-Erzählerin beschreibt sie sehr trocken mit scharfem Witz und feministischen Blick, was um sie herum geschieht. Als ihr dann ein Häftling aus dem Krankenhaus entwischt, dominiert im Buch klassische Detektivarbeit, zwar mit einer ungewöhnlichen Protoagonistin, aber dennoch. Die Stellen mit Constance’ Schwestern haben mir zwar sehr gut gefallen, aber sie unterstützten den etwas betulichen Eindruck zusätzlich. Manchmal ist mir Miss Kopp allerdings zu überheblich und etwas zu moralisch. Das passt zwar in die Zeit, aber nimmt den modernen Touch wieder etwas zurück. Und ihre Selbstkasteiung, wie sie den Häftling überhaupt entwischen lassen konnte, das nervte mich auch etwas. Und der feministische Blick war halt nicht immer gleich stark, manchmal zieht Miss Kopp auch innerlich unsolidarisch über andere Frauen her. Spaß gemacht hat mir der Krimi weiter, denn es gibt tolle Beschreibungen der Orte und Figuren, Miss Kopps Gedanken sind oft so auf den Punkt scharfsinnig: „Die stille Autorität, mit der er über seine Frau sprach, kannte ich gut. Genauso Sprache er auch mit seinen Deputies. Genauso leitete er das Gefängnis. Zum ersten Mal begriff ich, dass das, was an einem Sheriff bewundernswert sein mochte, an einem Ehemann vielleicht nicht ganz so bewundernswert war.“ Dieser Band ist der zweite einer Reihe. Den Vorgängerband „Die unvergleichliche Miss Kopp und ihre Schwestern“ kannte ich nicht, konnte mir aber die Vorgeschichte als Puzzle schön beim Lesen zusammensetzen. Also kann man getrost auch mit „…schlägt zurück“ einsteigen, ich denke aber, dass es durchaus auch schön ist, die Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen. Fazit Feministischer Blick in einem amüsanten historischen Krimi. Manchmal ging es mir etwas zu betulich zu, aber durch den scharfen Blick der Protagonistinnen und die tollen Beschreibungen hatte ich viel Spaß beim Lesen. Knappe 4 von 5 Sternen.