Melli
Worum es geht: Jeden Tag die selbe Prozedur. Auf den Rollstuhl setzen, warten das man festgeschnallt wird, ins Klassenzimmer gefahren werden. Diese Routine ist für Melanie und ihre Klassenkameraden Alltag. Das und nichts anderes kennen sie, neben dem Unterricht wartet sonst nur eine karge Zelle auf die Kinder, in der sie ihren restlichen Tag verbringen. Durchbrochen wird diese Routine von der wöchentlichen Waschung und Fütterung. Eines Tages werden zwei Kinder auf Geheiß der Wissenschaftlerin Dr. Caldwell aus dem Bunker geholt, kommen jedoch nie mehr zurück. Melanie beginnt, Fragen zu stellen, doch jeder weicht mit Antworten aus. Selbst Mrs. Justineau, ihre Lieblingslehrerin, verschanzt sich hinter verwaschenen Aussagen. Dann kommt der Tag, an dem Melanie geholt wird. Und sie weiß, dass sie ihre Klassenkameraden nicht mehr wiedersehen wird. Doch noch ehe Dr. Caldwell mit ihren Untersuchungen beginnen kann, bricht unversehens das Chaos auf dem Stützpunkt aus und der gnadenlose Überlebenskampf in einer von Hungernden belagerten Welt beginnt. Meine Meinung zum Buch: Als erstes ist mir der ungewöhnliche Schreibstil aufgefallen. Zu Beginn wirkt es sehr kindlich, denn die anfänglichen Begebenheiten werden aus dem Umfeld und aus der Sicht von Melanie erzählt. Melanie ist etwa 10 Jahre alt und kennt außer der Gefängniszelle, der Klasse und dem Bunker nichts. Umso authentischer wirkt der Schreibstil daher, als Melanie den Bunker verlässt und sie das erste Mal die Sonne sieht, die frische Luft riecht, und so weiter. Ebenso erzählt werden Abschnitte und Szenen aus sich von Mrs. Justineau, Dr. Caldwell und anderen Charakteren, die sich mit der moralischen Frage außeinandersetzen müssen, ob Melanie und die anderen Kinder wirklich Kinder sind, oder ob sie nur von einem Parasiten gesteuerte Monster sind. Diese Frage beschäftigte nicht nur mich als Leser wirklich bis zum Schluss, sondern auch jeden einzelnen Protagonisten. Einige bleiben bei ihrer Auffassung, andere ändern ihre Meinung. Sei es in positiver oder negativer Hinsicht. Auch Melanie entwickelt ihre eigene Sicht der Dinge und die Reise an ihrer Seite ist spannend und lehrreich zugleich. So wünscht sie sich nichts sehnlicher als eine Familie, als normal zu sein. Doch die Erkenntnis darüber, dass sie eben nicht „normal“ ist, lässt sie vieles hinterfragen und einen ganz neuen Blickwinkel entwickeln, mit dem sie nicht nur zu sich selbst findet, sondern auch in einer verlorenen Welt ein Zeichen zu setzen vermag. Die Entwicklung der Charaktere ist wirklich großartig, es bleibt spannend bis zum Schluss und man schaudert jedes einzelne Mal, wenn die Hungernden auftauchen. Gänsehaut garantiert! Fazit: Ein wirklich großartiges Buch mit einer tollen Spannungskurve und der ständig schwelenden Frage „Gibt es Heilung?“, die erst auf den letzten Seiten geklärt wird. Moralisch anspruchsvoll, gruselig, blutig, aber auch genauso einfühlsam kommt diese Geschichte daher. Für mich ein Highlight, das ich auch jedem empfehlen kann, der mit diesem Genre normalerweise nicht so viel anfangen kann. An den Schreibstil hat man sich sehr schnell gewöhnt und ehe man sich versieht, ist man schon mittendrin im apokalyptischen Großbritannien in nicht allzu ferner Zukunft. Ganz klare Leseempfehlung von mir dafür!