Judikos Welt
Die Zeit Sie rennt, sie ist unaufhaltsam, sie kommt und sie vergeht. Selten bleibt sie stehen. Höchstens, wenn mal etwas Schreckliches passiert ist. Dann hat man, für Sekunden, das Gefühl sie würde es, aber der Zeiger dreht sich weiter. Genauso wie das Leben immer weiter geht und so werden wir alle älter. Es ist noch gar nicht lange her, da habe ich als 10jährige meinem Vater erzählt: „Der Opa da, der hat mich ausgeschimpft.“ Der Opa da, war vielleicht mal gerade 30 und unser Nachbar. So ein Griesgram, aber noch so jung! Die Zeiten ändern sich und mit ihnen das Empfinden. Heute bin ich fünfzig und blicke, inspiriert durch das neue Buch von Ildikó von Kürthy auf meine eigene Jugend zurück und musste deswegen auch an diese kleine, lustige Anekdote denken. Hier geht es um Judith, die bald ihren fünfzigsten Geburtstag feiern wird. Die Kinder sind inzwischen erwachsen. Ihr Mann ist mehr ein guter Freund. Die ersten Wehwehchen, die aufs Älterwerden hindeuten, setzen ein und dann kommt der plötzliche Tod ihrer Mutter, der ihre Vergangenheit aufzurütteln scheint. Denn Judith trägt seit 20 Jahren ein wohlbehütetes Geheimnis mit sich herum. Wegen der Urnenbeisetzung und des Verkaufs des Elternhauses kommt Judith in ihre alte Heimat zurück. Dort trifft sie auf alte Bekannte. - Auf ihre beste Freundin und auch auf ihre erste große Liebe. Plötzlich ist nichts mehr wie es war... Die gerade erst wiedergefundene Freundin ist todkrank, ihre erste große Liebe macht verlockende Zukunftspläne und Judith muss sich endlich der Vergangenheit stellen, die sie scheinbar eher verdrängt, als bewältigt hat. Wird sie es schaffen, ihren fünfzigsten Geburtstag zu feiern und dabei mit sich selbst im Reinen zu sein? Dies ist mein erster Roman von Ildikó von Kürthy und wird garantiert nicht mein letzter sein. Auch wenn ich gestehen muss, dass ich nur auf dieses Buch aufmerksam geworden bin, da die Autorin zufällig meinen Namen für die Hauptprotagonistin gewählt hat. Ich ja selbst gerade fünfzig geworden bin, meine Kinder auch erwachsen sind und meine Mutter ebenfalls verstorben ist, die nebenbei bemerkt auch noch den selben Namen trägt, wie die Mutter aus diesem Buch. - Gänsehaut! So viele Parallelen, da war es für mich klar, dass ich unbedingt diese Geschichte lesen wollte. Tatsächlich gab es noch viel mehr Ähnlichkeiten, aber all das spielt überhaupt keine Rolle, dass dieses Buch ein Highlight für mich ist. Ein absolutes Herzensbuch. Eine Hommage an alle, die Angst vorm Älterwerden haben. Eine Geschichte, wo es ums Ankommen geht, um Heimat, mit wem man seine restliche Zeit verbringen möchte, ums Aufräumen, mit dem einen Ziel, glücklich zu sein. „Es wird Zeit“ hat mich in meine eigene Vergangenheit entführt. Mir all die tollen Dinge nochmal gezeigt, womit wir als Jugendliche uns die Zeit vertrieben haben, - ob gut oder schlecht und es hat mir schonungslos gesagt, wer ich jetzt bin, aber auch auf einfühlsamer Art gezeigt, dass wir selbst entscheiden was wird. Die Autorin selbst sagt über dieses Buch, dass es ihr Lustigstes und gleichzeitig traurigstes Buch ist, was ich ja, aufgrund dass ich ja nur dieses eine hier kenne, nicht beurteilen kann. Ich kann aber sagen, dass es für mich, vor allem wegen dem großartigen Humor und den sehr einfühlsamen, traurigen Momenten, besticht. Man fängt tatsächlich an zu grübeln, ohne dass es deprimierend wirkt. Ich habe mich auf jeder einzelnen Seite unterhalten gefühlt, habe herzhaft gelacht, hatte stellenweise einen Kloß im Hals und habe dieses Buch mit Tränen beendet. Ich wollte nicht, dass es aufhört. Aber wie habe ich bereits am Anfang geschrieben? Alles ist vergänglich und es geht vor allem immer weiter! Fazit: Eine sehr gelungene Geschichte für alle die glauben, selbst schon ein paar Gebrauchsspuren zu haben. Lustig, traurig, klug, berührend, kurzum Jahreshighlight!