sbs
Trudy steht kurz vor der Niederkunft, hat John, den Vater des Kindes aus dessen Haus vertrieben, während sie dessen Bruder Claude nicht nur mit offenen Armen empfängt. Mitten in diese Situation wächst ein junger, männlicher Fötus heran, der sie alle belauscht und seine Schlüsse zieht… Die Idee, einen ungeborenen Sohn als Erzähler einzusetzen war schlichtweg genial. Sowas hatte ich im Vorfeld noch nicht gelesen und selbst für Leser, die eigentlich nur auf realistische Darstellungen stehen, ist das gut lesbar, doch ich würde eine Leseprobe vorab empfehlen. Der Erzähler, der durchs Radio und das Belauschen seiner Bezugspersonen seine Erkenntnisse zieht, ist nämlich ein sehr, sehr altklug und sicher auch Geschmackssache. Seine Sicht auf die Welt, die enthaltene Gesellschaftskritik und die Überlegungen sein familiäres Umfeld betreffend, sind meist unterhaltsam, teils ironisch, selten neu. Auch da liegt eines der kleineren Probleme, denn die Geschichte ist in ihrer Grundstruktur direkt als eine moderne Hamlet-Version zu erkennen und somit hielt sich für mich die Spannung in Grenzen. Jedoch geht es auch nicht wirklich um einen Kriminalfall, weshalb das noch zu entschuldigen ist, zumal das Ende mich begeistern konnte. Leider kann ich das von manchen Seiten im zweiten Abschnitt nicht sagen. Da war es manchmal schon ziemlich mühsam überhaupt weiterzulesen, weil es einfach fast zu viel des (alt-)Klugen ist und zu viel Einfältigkeit anderer Personen. Dieses Buch liest man nicht mal eben. Ich konnte immer nur kleinere Sequenzen lesen und musste die auch „verarbeiten“, bevor ich weiterlesen konnte. Die Protagonisten sind extrem gut ausgearbeitet, wenn auch etwas sehr speziell… Trotz aller Kritik empfehle ich das Buch weiter, denn besonders ist es allemal.