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bella5

Posted on 10.2.2020

Tanja Kinkel hat mit „Grimms Morde“ einen lesenswerten historischen Roman vorgelegt, oder sollte man von einem historischen Krimi sprechen? Handwerklich ist das Buch klasse gemacht, ein ausführliches Nachwort rundet das Ganze ab. Die Autorin verwebt geschickt Historisches und Fiktionales. Sie schickt die Gebrüder Grimm als Ermittler ins Rennen, und auch die Schwestern von Droste sind mit von der Partie. Dem Leser werden also bekannte und populäre Figuren der deutschen Geschichte präsentiert, die Gebrüder Grimm stehen nicht zuletzt durch ihre Märchensammlung für gute Unterhaltung, wieso sie also nicht als Detektive agieren lassen? Tanja Kinkel gelingt es, ihren Figuren Tiefe und Glaubwürdigkeit zu verleihen. Sie hat gut recherchiert, denn ihre Charaktere sind Personen mit Licht – und Schattenseiten. Das macht die Figuren richtig rund. Geschickt vermischt sie dabei Dichtung und Wahrheit. Eine spannende Rahmenhandlung ist ebenfalls gegeben: „ Kassel, 1821: Die ehemalige Mätresse des Landesfürsten wird nach Märchenart bestialisch ermordet. Die einzigen Indizien weisen ausgerechnet auf die Gebrüder Grimm. Weil die Polizei nicht in Adelskreisen ermitteln kann, die sich lieber Bericht erstatten lassen, anstatt Fragen zu beantworten, kommen den Grimms Jenny und Annette von Droste-Hülshoff zur Hilfe. Ein Zitat aus einer der Geschichten, welche die Schwestern zur Märchensammlung der Grimms beigetragen hatten, war bei der Leiche gefunden worden. Bei ihrer Suche müssen sich die vier aber auch ihrer Vergangenheit stellen: Vorurteilen, Zuneigung, Liebe – und Hass, und diese Aufgabe ist nicht weniger schwierig. In einer Zeit, wo am Theater in Kassel ein Beifallsverbot erteilt wird, damit Stücke nicht politisch missbraucht werden können, Zensur und Überwachung in deutschen Fürstentümern wieder Einzug halten und von Frauen nur Unterordnung erwartet wird, sind Herz und Verstand gefragt…“ Geschichtslektion und spannende Unterhaltung: „Grimms Morde“ ist beides. Die Autorin versteht ihr Handwerk wirklich, ich konnte mir alles lebhaft vorstellen. Auch gefiel mir die Sprache: Sie ist nicht zu modern. „Grimms Morde“ ist ein Muss für alle, die gerne historische Romane lesen. Etwas Sitzfleisch muss der Leser aber mitbringen, denn es ist kein Buch, das man en passant konsumieren kann. Bei dem Roman handelt es sich mitnichten um literarisches Fastfood. Man erhält als Leser einen historisch korrekten Einblick in das neunzehnte Jahrhundert, einen sozial – und gesellschaftsgeschichtlichen Überblick. Mir hat der Roman ein paar schöne Lesestunden beschert.

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