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bella5

Posted on 10.2.2020

„Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens“ oszilliert zwischen dem Banat und Ostdeutschland. Kripo-Kommissar Ioan Cozma will eigentlich nur seine Ruhe haben und „unter dem Radar“ segeln, da es nur noch ein paar Jahre bis zu seiner Pensionierung sind. Im Kommunismus waren seine Methoden nicht immer human und er war kein erklärter Gegner des Systems. Im Jahr 2014 ist jedoch Schluss mit der Ruhe – er soll den Mord an einer jungen Deutschen untersuchen. Lisa Marthen, Tochter eines deutschen Großbauern, wird erstochen aufgefunden, und schnell fällt der Verdacht auf den jungen Feldarbeiter Adrian. Lisa hatte seine Liebe nicht erwidert. Die Ermittlungen führen Kommissar Cozma nach Mecklenburg in Deutschland… Oliver Bottinis Roman ist mehr als ein schnöder Krimi. Der Autor hat unheimlich sorgfältig gearbeitet und akribisch recherchiert. „Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens“ analysiert auch zeitgeschichtliche Verwicklungen und im Kern ist der Kriminalroman eine Globalisierungskritik. Reiche Nationen wie etwa Deutschland profitieren nämlich am meisten vom Zusammenbruch des Kommunismus in (Süd)osteuropa. Nachdem Rumänien das Joch eines Diktators abgeschüttelt hatte, hielt eine Pseudodemokratie Einzug. Alte Kader wurden nicht selten lupenreine Demokraten, die Korruption hielt in großem Stil Einzug oder sie verschwand nicht einfach mit dem Zusammenbruch der Blöcke. Land konnte extrem billig erworben werden – von ausländischen Investoren. So begann der Ausverkauf eines Landes. Ähnliches geschah in vielen anderen Ländern Ostmitteleuropas, Südosteuropas und auch in Ostdeutschland. Hier zieht der Autor ganz klare Parallelen und er erklärt so (aber entschuldigt nicht), woher die Frustration vieler Menschen kommt. Die Rumänen, die stets stolz auf ihr lateinisches Spracherbe waren (trotz des Vorhandenseins von slawischem Lehngut im Rumänischen), können am europäischen Wohlstand nicht wirklich partizipieren. Dies ist eigenverschuldet, aber zu großen Teilen eben auch fremdverschuldet. Daher ist Bottinis Krimi ein Roman, der das enge nationalstaatliche Korsett abstreift. Bottini hat einen Thriller geschrieben, der ein wahrhaft europäischer Krimi ist. Dabei legt er das Augenmerk auf Prozesse und Personen. Seine Figuren sind wirklich „rund“ und nicht immer sind sie Sympathieträger. Glücklicherweise umschifft Bottini alle Klischeeklippen. Obwohl er mit dem Buch stark gesellschaftskritische Töne anschlägt, bietet er keine simplen Lösungen an. So ist das Ende der Geschichte folgerichtig ein ambivalentes, aber kein hoffnungsloses. Bottini wirft Fragen nach Schuld und Sühne auf. Der Leser muss etwas Sitzfleisch mitbringen, aber es lohnt sich. Der Roman ist spannend und lesenswert, eine facettenreiche Kritik an herrschenden Verhältnissen, aber kein Thriller, den man en passant lesen kann. Es gibt keine Spannung um der Spannung willen und es ist kein Ermittlungskrimi nach Schema F. Daher vergebe ich für das Buch die volle Punktzahl – fünf Sterne.

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