bella5
„Als Grace verschwand“ von Kathryn Croft fällt eigentlich genau in mein Beuteschema – „Pretty Baby“ von Mary Kubica hat nämlich eine ähnliche Handlung wie Crofts Roman, und „Pretty Baby“ fand ich einfach klasse. Kurz zum Inhalt (spoilerfrei): „Simone Porter musste mit einem schweren Schicksalsschlag fertigwerden. Vor achtzehn Jahren wurde ihre sechs Monate alte Tochter entführt. Als ein Mädchen mit Namen Grace sich bei ihr meldet und erklärt, ihre Tochter zu sein, glaubt Simone ihr nicht. Doch das Stofftier, das Grace bei sich hat, lässt sie zweifeln. Genauso einen Plüschhasen hat ihre Tochter besessen. Grace aber behauptet noch etwas anderes: dass sie aus Notwehr einen Mord begangen hat und dass sie dringend Hilfe braucht. Simone ist hin und her gerissen – und dann verschwindet Grace wie ihre Tochter damals.“ Seit dem Verschwinden ihrer Tochter Helena ist Simone nicht mehr die, die sie einst war, mühsam haben sie und ihr Mann Matt sich wieder so etwas wie ein Leben aufgebaut, sie ist es gewohnt, angelogen zu werden und sich falsche Hoffnungen in Bezug auf Helena zu machen: „[…] Wieder bleibt mir fast das Herz stehen. Ich kann nicht weiter zuhören. Ich muss weg von diesem Mädchen. Über Jahre, nachdem Helena verschwunden war, habe ich jedes Mal Hoffnung geschöpft, wenn jemand behauptete, Informationen zu haben, aber jedes Mal haben sie sich als falsche Fährten oder Lügen herausgestellt. Und bei jedem Mal wurde ich nur noch weiter zerrissen.“ Als dann Grace in Simones Leben tritt, scheinen die Wunden zu heilen, bis auch Grace dann spurlos verschwindet… Aus dem Stoff hätte Kathryn Croft meiner Meinung nach viel mehr machen können. Das Grundgerüst verspricht spannende Unterhaltung, es sind eigentlich alle „Zutaten“ für einen spannenden Thriller da, doch das Ganze steht und fällt mit dem Handwerklichen. Gut gefielen mir die zwei Handlungsstränge, das Erzähltempus (Präsens) fand ich aber einigermaßen sperrig. Positiv ist, dass sich das Buch trotzdem flüssig lesen lässt, wenn man sich nicht am pacing stört. Die Gliederung des Romans hat mir aber nicht so gut gefallen. Die Exposition ist spannend, dann plätschert das Ganze so vor sich hin, bis der Roman mit einem Paukenschlag endet. Trotz des interessanten Ansatzes bleiben die Figuren blass, die Ausarbeitung der Charaktere lässt zu wünschen übrig, zum Beispiel erfährt man über Grace vergleichsweise wenig. Mir ist auch klar, dass in vielen Thrillern Gewalt gegen Frauen dargestellt wird, hier war es mir dennoch unangenehm, detaillierte Beschreibungen zu lesen. Fazit: Aus dem Stoff hätte Kathryn Croft viel mehr machen können. Ich hätte mir auch mehr Spannung und eine feinere Figurenzeichnung gewünscht. Daher vergebe ich für „Als Grace verschwand“ drei von insgesamt fünf möglichen Sternen!