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Lucifer auf Abwegen Der ehemalige Herr der Hölle ist nicht mehr was er mal war. Lange Haare, langer Bart und gepflegt wie ein Obdachloser sitzt er fest. Wo? Das wüsste er auch gerne. Aber er ist umgeben von Menschen die ihn kennen und gilt in dem kleinen Ort als so eine Art liebenswerter Sonderling. Auch wenn er nicht weiß wo er ist, oder wie er dort gelandet ist, so weiß er doch eines ganz sicher. Er muss entkommen! John Decker ist in der Hölle. Zugegeben, es ist nicht die Hölle, deren ehemaliger Herr gefangen ist, sondern seine ganz eigene, ich weiß jedoch nicht was schlimmer ist. Seine geliebte Frau hat einen Hirntumor und liegt im Sterben. In ihren letzten Momenten erzählt sie John aber von einem Haus, und von ihrem Bruder. Nachdem alles eskaliert ist versucht John dieser Spur nach zu gehen. Wären da nur nicht diese eigenartigen Halluzinationen und diese unerträglichen, Kopfschmerzen. Was diese beiden Geschichten miteinander zutun haben müsst ihr selber lesen. Keine Superhelden Story Wer sich mit dem Comickosmos von Neil Gaimans Sandman befasst hat, wird nicht sonderlich davon überrascht sein, aber dieser Comic hat nicht viel mit einer klassischen Superhelden Story zutun. Die Figuren sind düster und haben im Grunde alle ihren ganz eigenen Abgrund. Hinter jeder Ecke lauert der Wahnsinn und teilweise ist es nicht so leicht, zu fassen, was genau da eigentlich passiert. Gibt es einen Helden? Nein. Es gibt Hauptdarsteller, aber “gut” ist hier niemand. Das hat Auswirkungen auf die Atmosphäre. Diese ist anfangs schon ziemlich dicht, wird aber zunehmend dichter und spannender. Besonders wenn es aufs Ende zu geht passieren eigentlich fast ausschließlich fürchterliche Dinge, die mir, auf eine spezielle Art, ein unangenehmes Gefühl vermittelt haben, wie ich es nur selten beim Lesen erlebe. Wenn ich allerdings etwas kritisieren müsste, dann die Art wie eine Figur hier spricht. Die Gute hat eine Maske auf ihrem halben Gesicht und nuschelt deshalb. Schön und gut, dass man das mit den Texten auch deutlich machen möchte, aber muss es derart schwer zu lesen sein? Ich habe eine ihrer Sprechblase spaßeshalber mal bei Instagram geteilt und niemand konnte sie komplett lesen. Manche dachten es sei eine Fremdsprache. Das ist mag zwar hier und da stimmungsvoll sein, ist aber oft auch einfach anstrengend. Glücklicherweise kommt sie nicht oft vor. Überraschend Einsteigerfreundlich Ehrlichgesagt habe ich damit gerechnet das Meiste nicht zu verstehen. Lucifer spielte scheinbar bei Sandman schon eine mehr oder weniger wichtige Rolle, und hatte sogar eine relativ lang laufende Solo Reihe. Das war auch einer der Gründe warum ich mir den Sandman Universe Sonderband gekauft habe. Das wäre aber nicht nötig gewesen. Zwar vermittelt dieser Band einem anfangs das Gefühl “Was ist hier los? Ich raffe gar nichts.”, aber keine Sorge, dass liegt nicht daran, dass ihr etwas verpasst habt, sondern daran dass der Band, ähnlich wie in vielen Büchern, ein Mysterium aufbaut und es langsam entschlüsselt. So schön hässlich Die Zeichnungen sind genau mein Ding. Sie sind düster, wirken skizzenhaft und dreckig, und ich liebe sie. Besonders die skurrilen Designs der Dämonen kommen hervorragend rüber und die Gewalt ist explizit und unangenehm. Dazu kommt die hervorragende Darstellung von Wahnsinn, egal ob Halluzinationen oder klassischer Irrsinn. Fazit Ganz große Klasse. Eine spannende Geschichte, die sehr lyrisch erzählt ist und sich nur schwer mit Dingen vergleichen lässt, die ich sonst so lese. Am ehesten vielleicht Gideon Falls, aber auch das passt nur bedingt. Die Figuren sind spannend und interessant und die Zeichnungen sind große klasse. Außerdem ist der Ark hier in einem Band beendet und am Ende kommt nochmal ein großer Cliffhanger. Ihr könnt Lucifer also lesen, ohne danach zwingend den nächsten kaufen zu müssen, weil ihr überhaupt nichts erfahren habt. Für mich ist Lucifer ein sehr starker Auftakt und ich werde diese Reihe definitiv weiter verfolgen. Ich möchte mehr von Lucifer, mehr von der Welt und mehr von dem Wahnsinn. Wenn die anderen Sandman Universe Storys auch so gut sind, ist das der Beginn von etwas ganz Großem.